Rechtsprechungsübersicht Zivilrecht (4)

BGH, Urteil vom 07.05.2014, VIII ZR 243/13, MDR 2014, 704 f.

von Life and Law am 01.08.2014

Während des laufenden Mietverhältnisses darf der Vermieter eine Mietsicherheit wegen streitiger Forderungen gegen den Mieter nicht verwerten.

Sachverhalt: M ist Mieterin einer Wohnung des V. Entsprechend § 7 des am 3. Mai 2009 geschlossenen Mietvertrags entrichtete M eine Kaution in Höhe von 1.400,- €. Eine Zusatzvereinbarung der Parteien zu § 7 des Mietvertrags bestimmt:

„Der Vermieter kann sich wegen seiner fälligen Ansprüche bereits während des Mietverhältnisses aus der Kaution befriedigen. Der Mieter ist in diesem Fall verpflichtet, die Kautionssumme wieder auf den ursprünglichen Betrag zu erhöhen. [...]"

Später machte M eine Mietminderung geltend. Wegen der streitigen Mietforderung ließ V sich am 15. Juni 2012 - während des laufenden Mietverhältnisses - das Kautionsguthaben auszahlen.

Kann M von V erlangen, dass der Betrag wieder dem Kautionskonto gutgeschrieben wird?

Lösung: Nach Ansicht des BGH hat M gemäß §§ 280 I, 551 I BGB einen Anspruch auf Wiedergutschrift der Kaution, weil V entgegen § 551 I, III, IV BGB und damit zu Unrecht auf die Mietsicherheit zugegriffen hat und deshalb verpflichtet ist, sie dem Kautionskonto wieder gutzuschreiben. V war nicht berechtigt, die Kautionssumme während des laufenden Mietverhältnisses wegen der von der Klägerin bestrittenen Mietforderungen in Anspruch zu nehmen, denn sein Vorgehen widerspricht dem in § 551 III BGB zum Ausdruck gekommenen Treuhandcharakter der Mietkaution. Auf die Zusatzvereinbarung zu § 7 des Mietvertrags kann der Beklagte sich daher nicht berufen (§ 551 IV BGB).

1. Die Mietkaution dient nicht dazu, dem Vermieter eine Verwertungsmöglichkeit zum Zwecke schneller Befriedigung behaupteter Ansprüche gegen den Mieter während des laufenden Mietverhältnisses zu eröffnen. Gemäß § 551 III S. 3 BGB hat der Vermieter die ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme getrennt von seinem Vermögen anzulegen. Mit der Pflicht zur treuhänderischen Sonderung der vom Mieter erbrachten Kaution wollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses auch in der Insolvenz des Vermieters ungeschmälert auf die Sicherheitsleistung zurückgreifen kann, soweit dem Vermieter keine gesicherten Ansprüche zustehen.1 Diese Zielsetzung würde unterlaufen, wenn der Vermieter die Mietkaution bereits während des laufenden Mietverhältnisses auch wegen streitiger Forderungen in Anspruch nehmen könnte. Die davon zum Nachteil des Mieters abweichende Zusatzvereinbarung zu § 7 des Mietvertrags ist deshalb gemäß § 551 IV BGB unwirksam.

Dieses Ergebnis entspricht auch der ganz überwiegenden Auffassung in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum.2

2. Das Sicherungsbedürfnis des Vermieters wird dadurch nicht beeinträchtigt, denn die zu seinen Gunsten vereinbarte Sicherheit bleibt dem Vermieter erhalten.

Ergebnis: M kann daher von V die Wiedergutschrift der Kaution verlangen.


  1. BGH, WM 2008, 367 ; BGH, NJW 2010, 59.

  2. LG Mannheim, WuM 1996, 269 **; LG Wuppertal, NZM 2004, 298 ; LG Darmstadt, ZMR 2005, 193 **; LG Darmstadt, WuM 2008, 726; LG Halle, NZM 2008, 685 **; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Auflage, Rn. III 184; Kraemer, NZM 2001, 737, 741; Derleder, NZM 2006, 601, 607; Staudinger, § 551 BGB, Rn. 27; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 11. Auflage, § 551 BGB, Rn. 91; Palandt, 73. Auflage, Einf. v. § 535 BGB, Rn. 123; anders Kluth/Grün, NZM 2002, 1015, 1016 f., Kießling, JZ 2004, 1146, 1153; MüKo, 6. Auflage, § 551 BGB, Rn. 14.