Rechtsprechungsübersicht Zivilrecht (13)

BGH, Urteil vom 03.07.2013, VIII ZR 191/12, NJW 2013, 2660 f.

von Life and Law am 01.12.2013

Die Kündigung eines Mietverhältnisses, die von einem sachlichen Grund zur fristlosen Kündigung getragen ist, steht, auch wenn sie an einem formellen Mangel leidet, einem auf § 536a I BGB gestützten Ersatz derjenigen Schäden nicht entgegen, die darauf beruhen, dass der Mieter bestehende Mängel der Mietwohnung berechtigterweise zum Anlass nimmt, wegen einer nicht mehr vorhandenen Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch eine den Umständen nach angemessene neue Wohnung anzumieten.

Sachverhalt (verkürzt und abgewandelt): M hat von V eine Wohnung gemietet.

M bemängelte im Jahr 2010 einen Schimmelbefall und forderte M unter angemessener Fristsetzung mehrmals vergeblich zur Beseitigung des Mangels auf. Da V nicht reagierte, kündigte Rechtsanwalt Ratlos im Namen des M das Mietverhältnis. V wies die Kündigung zurück, weil dem Kündigungsschreiben - unstreitig - keine Vollmacht beigefügt war.

M räumte die Wohnung und bezog eine zwischenzeitlich angemietete andere Wohnung.

Kann M von V Schadensersatz wegen der umzugsbedingten Mehrkosten verlangen?

Lösung: Nach Ansicht des BGH kann M gem. § 536a I BGB Schadensersatz verlangen.

I. Nach § 536a I BGB kann der Mieter wegen eines Mangels der Mietsache, der bei Vertragsschluss vorhanden ist (1. Var.), später wegen eines Umstands entsteht, den der Vermieter zu vertreten hat (2. Var.), oder mit dessen Beseitigung der Vermieter in Verzug gekommen ist (3. Var.), unbeschadet seiner Rechte aus § 536 BGB Schadensersatz verlangen. Da V den Schimmelbefall (= Mangel i.S.d. § 536 BGB) trotz einer ihm zur Mängelbeseitigung gesetzten Frist nicht beseitigt hat, liegen die Voraussetzungen des § 536a I 3. Var. BGB vor.

II. Außerdem stand M zugleich das Recht zu, den Mietvertrag gemäß §§ 569 I, 543 I, III BGB fristlos zu kündigen. Mangels Vorlage einer Vollmacht und der daraufhin erfolgten Zurückweisung der Kündigung durch V, war diese gem. § 174 BGB in formeller Hinsicht unwirksam.

III. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts1 hängt die Ersatzpflicht für die geltend gemachten mangelbedingten Umzugsschäden nicht von der formellen Wirksamkeit des Ausspruchs der materiell an sich berechtigten Kündigung des M ab.

Für eine Einschränkung der Ersatzpflicht des Vermieters dahingehend, dass diese ungeachtet des Kündigungsgrundes, der dadurch herausgeforderten Anmietung der Ersatzwohnung und einer damit einhergehenden Freigabe der bisherigen Wohnung erst mit Ausspruch einer auch formell in jeder Hinsicht wirksamen Kündigung entstehen soll, gibt der Wortlaut des § 536a I BGB nichts her.

Dieser knüpft für die Schadensersatzpflicht des Vermieters vielmehr nur an das sachliche Vorliegen der dort beschriebenen Mängel oder den Verzug mit der Mängelbeseitigung und einen dadurch verursachten Schaden an.

Ergebnis: M steht gegen V gem. § 536a I BGB ein Anspruch auf Schadensersatz zu.


  1. LG Wiesbaden, Urteil vom 25.05.2012, Az: 3 S 127/11