Rechtsprechungsübersicht Zivilrecht (14)

BGH, Urteil vom 02.07.2013, VI ZR 351/12 = MDR 2013, 1093 f.

von Life and Law am 01.11.2013

Ist bei der Ersatzbeschaffung von privat keine Umsatzsteuer angefallen, steht dem Geschädigten kein Anspruch auf Ersatz der Umsatzsteuer zu.

Sachverhalt (verkürzt): K und B streiten nach einem Verkehrsunfall, für den die volle Haftung des B unstreitig ist, noch um Erstattung anteiliger Umsatzsteuer.

K erwarb von privat ein Ersatzfahrzeug zum Preis von 14.700,- €. Sein verunfalltes Fahrzeug wies laut Sachverständigengutachten einen Wiederbeschaffungswert i.H.v. 22.000,- € brutto bzw. 18.487,40 € netto, mithin einen Umsatzsteueranteil in Höhe von 3.512,60 € auf.

Kann K von B Ersatz des im Kaufpreis von 14.700,- € enthaltenen fiktiven Umsatzsteuerbetrages i.H.v. 2.347,- € verlangen?

Lösung: Der BGH hat einen Anspruch auf Ersatz der anteiligen Umsatzsteuer verneint.

I. Nach § 249 II S. 2 BGB schließt der bei der Beschädigung einer Sache zur Wiederherstellung erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist, d.h. wenn und soweit sie der Geschädigte zur Wiederherstellung aus seinem Vermögen aufgewendet oder er sich hierzu verpflichtet hat. Sie soll hingegen nicht mehr ersetzt werden können, wenn und soweit sie nur fiktiv bleibt, weil es zu einer umsatzsteuerpflichtigen Reparatur oder Ersatzbeschaffung nicht kommt.

Fällt für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache - etwa beim Kauf von privat - keine Umsatzsteuer an, ist sie auch nicht zu ersetzen. In diesem Fall ist sie auch im Rahmen einer fiktiven Schadensabrechnung auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens nicht ersatzfähig, weil § 249 II S. 2 BGB insoweit die Dispositionsfreiheit begrenzt. Dementsprechend hat der BGH entschieden, dass eine Erstattung der Umsatzsteuer dann nicht erfolgt, wenn der Geschädigte weder eine umsatzsteuerpflichtige Reparatur hat durchführen lassen noch bei der Ersatzbeschaffung eines neuen Fahrzeugs von privat Umsatzsteuer angefallen ist.1

II. Nach diesen Grundsätzen steht dem Kläger kein Anspruch auf Ersatz anteiliger Umsatzsteuer zu, denn bei der Ersatzbeschaffung von privat ist keine Umsatzsteuer angefallen.

1. Dies steht nicht in Widerspruch zur Entscheidung des BGH vom 01.03.2005.2

Die damalige Fallgestaltung unterscheidet sich von dem hier vorliegenden Fall dadurch, dass K ein Ersatzfahrzeug beschafft hatte, dessen Kaufpreis den im Sachverständigengutachten ausgewiesenen (Brutto-)Wiederbeschaffungswert überstieg, und er seinen Schaden konkret auf Basis der Ersatzbeschaffung abgerechnet hatte.

In diesem Fall hat der BGH entschieden, dass der Geschädigte im Wege konkreter Schadensabrechnung die Kosten der Ersatzbeschaffung bis zur Höhe des (Brutto-)Wiederbeschaffungswertes des unfallbeschädigten Kraftfahrzeugs - unter Abzug des Restwertes - ersetzt verlangen kann, wenn er ein Ersatzfahrzeug zu einem Preis erwirbt, der dem in einem Sachverständigengutachten ausgewiesenen (Brutto-)Wiederbeschaffungswert des unfallbeschädigten Kraftfahrzeuges entspricht oder diesen übersteigt.

Auf die Frage, ob und in welcher Höhe in dem im Gutachten ausgewiesenen (Brutto-)Wiederbeschaffungswert Umsatzsteuer enthalten ist, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Durch die gesetzliche Neuregelung des § 249 II S. 2 BGB wollte der Gesetzgeber nämlich nichts an der Möglichkeit des Geschädigten ändern, den für die Herstellung erforderlichen Geldbetrag stets und insoweit zu verlangen, als er zur Herstellung des ursprünglichen Zustandes tatsächlich angefallen ist.

2. Bei der fiktiven Schadensabrechnung nach einer Beschädigung von Sachen soll sich aber nach der Absicht des Gesetzgebers deren Umfang mindern, indem die fiktive Umsatzsteuer als zu ersetzender Schadensposten entfällt.

Umsatzsteuer kann mithin nur noch dann ersetzt verlangt werden, wenn und soweit sie zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes durch Reparatur oder Ersatzbeschaffung auch tatsächlich anfällt, d.h. wenn und soweit sie der Geschädigte zur Wiederherstellung aus seinem Vermögen aufgewendet oder er sich hierzu verpflichtet hat.

Eine Umsatzsteuer ist daher nicht zu ersetzen, wenn sie für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache - etwa wie hier beim Kauf von privat - nicht anfällt.


  1. BGH, VersR 2009, 1554 ff. **; BGH, VersR 2013, 471 ff. ; BGHZ 158, 388, 389 ff. **; BGH, VersR 2004, 927, 928.

  2. BGH, NJW 2005, 2220 ff. **.