Miete gespart -- reicht doch!

BGH, Urteil vom 08.05.2013, XII ZR 132/12, NJW 2013, 2187

von Life and Law am 01.01.2014

+++ Nichteheliche Lebensgemeinschaft +++ Ausgleichsansprüche bei Beendigung +++ §§ 313, 812 BGB +++

Sachverhalt: Die Parteien F und M lebten von 1995 an in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen. Am 13. Dezember 1996 wurde ihre gemeinsame Tochter geboren. Ende 1996 erwarb die Beklagte F eine Immobilie zu einem Kaufpreis von 64.000,- DM zu Alleineigentum. Zur Finanzierung nahm sie einen Kredit in Höhe von 80.000,- DM auf. Die Immobilie wurde ab 1997 von den Parteien mit dem gemeinsamen Kind bewohnt.

Bis Oktober 2000 floss das Gehalt des M auf das Konto der F, von dem die Kreditrate für die Immobilie in Höhe von monatlich 340,- € bezahlt wurde. Ab November 2000 unterhielt M ein eigenes Konto, von dem er bis einschließlich Dezember 2004 monatlich 409,03 € auf das Konto der F überwies. Anfang 2005 kam es nach der Trennung der Parteien zum Auszug des M aus dem Haus.

Mit seiner Klage hat der M Zahlung von 14.000,- € nebst Zinsen begehrt. Er macht geltend, das Haus habe als Familienheim genutzt werden sollen. Wegen eines für ihn bestehenden Schufa-Eintrags hätten die Parteien beschlossen, dass F Alleineigentümerin werden solle. Aus formellen Gründen sei sie auch Alleinkreditnehmerin geworden. Die Parteien seien sich aber einig gewesen, die Kreditkosten jeweils hälftig zu tragen. In der Zeit von Januar 1997 bis Dezember 2004 habe er die Kreditrate allein gezahlt. F bestreitet eine entsprechende Abrede.

Ist die Klage des M begründet? Die monatliche Darlehensrate entsprach in etwa der marktüblichen Miete für die Wohnung.

A) Sound

Nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft kommen Ausgleichsansprüche wegen finanzieller Zuwendungen (hier: Darlehensraten) des einen Partners für den Erwerb und Umbau eines im Alleineigentum des anderen Partners stehenden Wohnhauses grundsätzlich insoweit nicht in Betracht, als die Leistungen nicht deutlich über die Miete hinausgehen, die für vergleichbaren Wohnraum aufzuwenden wäre.

B) Problemaufriss

Der Fall betrifft die absolut ausbildungsrelevante Frage des Ausgleichs „gemeinschaftsbezogener" Zuwendungen bei Auflösung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (neLG).1

Als neLG ist nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BGH eine Lebensgemeinschaft anzusehen, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen.2

hemmer-Methode: Danach ist für eine solche Lebensgemeinschaft weniger ein räumliches Zusammenleben oder ein gemeinsamer Haushalt von Bedeutung als vielmehr eine Verflechtung der Lebensbereiche im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft.

Scheitert eine nichteheliche Lebensgemeinschaft, stellt sich die Frage nach der Rückabwicklung von gegenseitigen Zuwendungen. Die Situation ist vergleichbar mit dem Scheitern einer Ehe im Güterstand der Gütertrennung.

In beiden Fällen gibt es keinen gesetzlichen Rückabwicklungs- oder Ausgleichsanspruch. In beiden Fällen kann jedenfalls größeren Zuwendungen die Vorstellung zugrunde gelegen haben, die Lebensgemeinschaft werde Bestand haben.

Bei Beendigung der Lebensgemeinschaft kommen deshalb Ausgleichsansprüche nach den gleichen Grundsätzen wie bei der Scheidung einer Ehe in Gütertrennung in Betracht.3

hemmer-Methode: Früher stellte der BGH darauf ab, dass einer nichteheliche Lebensgemeinschaft gerade die Möglichkeit immanent sei, diese jederzeit zu beenden. Eine fortdauernde Gemeinschaft könne demnach nicht Grundlage für eine Zuwendung sein. Da andere Ansprüche meist nicht einschlägig waren, war die Folge, dass bei Beendigung der Lebensgemeinschaft grundsätzlich keine Ausgleichsansprüche bestanden.

Dieser Ansatz war wirklichkeitsfremd: Zum einen ist die Möglichkeit der jederzeitigen Beendigung den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht permanent präsent, schon gar nicht, wenn gerade vermeintlich „gemeinsam" ein Haus gebaut wird.

Zum anderen besteht auch bei der Ehe jederzeit die Möglichkeit, diese zu beenden. Anders als bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist hier nur eine „Kündigungsfrist" von einem Jahr, auch Trennungsjahr genannt, einzuhalten, § 1565 II BGB. Angesichts der Scheidungsstatistik besteht nicht nur diese Möglichkeit, sondern sogar eine relativ große Wahrscheinlichkeit, dass eine Ehe nicht „auf ewig" Bestand haben wird, sodass auch hier der unbegrenzte Fortbestand vernünftigerweise nicht Geschäftsgrundlage sein könnte. Kann aber bei einer Ehe eine Zuwendung über § 313 BGB rückabgewickelt werden, ist es nur logisch, dies auch bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zuzulassen.

Die Grundsätze zur Rückabwicklung unbenannter Zuwendungen im Fall einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft präzisiert der BGH in seiner vorliegenden Entscheidung weiter.

C) Lösung

Die Klage ist begründet, wenn M gegen F einen Anspruch auf Zahlung der 14.000,- € hat.

I. Ausgleichsanspruch aus ausdrücklicher Vereinbarung

Ein solcher Anspruch bestünde, wenn M und F tatsächlich eine ausdrückliche Vereinbarung über eine Ausgleichspflicht getroffen hätten, wie M dies behauptet, vgl. § 311 I BGB. Da F diese Absprache allerdings bestreitet und M für diese Absprache keinen Beweis erbringen kann, scheidet ein solcher unmittelbarer vertraglicher Anspruch aus.

II. Anspruch aus § 426 I BGB

M könnte einen Anspruch aus § 426 I BGB gegen F haben.

Nach § 426 I S. 1 BGB sind Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu gleichen Teilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Hat einer der Gesamtschuldner dem Gläubiger gegenüber mehr geleistet, kann er von den anderen Gesamtschuldnern im Innenverhältnis Regress verlangen.

Im vorliegenden Fall sind M und F aber keine Gesamtschuldner, da im Außenverhältnis gegenüber der Bank nur F die Darlehensverträge abgeschlossen hat.

Anmerkung: Das Ergebnis ist insoweit eindeutig. Dennoch lohnt sich ein erster Blick in § 426 I BGB, da M letztlich genau diesen Gesamtschuldnerausgleich begehrt -- freilich ohne Gesamtschuldner zu sein. Es geht also letztlich um die Frage, ob man das Ergebnis des § 426 I BGB auch auf andere Art und Weise erreichen kann.

III. Anspruch aus § 738 BGB

Zwischen F und M könnte aber eine (Innen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts vorgelegen haben.

Diese Gesellschaft könnte M mit seinem Auszug konkludent gekündigt haben i.S.d. § 723 BGB, sodass ihm der Abfindungsanspruch nach § 738 BGB zustünde.

Außen- und Innengesellschaft bei der GbR

I. Außengesellschaft:

1. Schuldverhältnis, § 705 BGB (GesellschaftsV)

2. Rechtsfähige Organisation

**Abwicklung durch Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens nach §§ 730 ff. BGB**

II. Innengesellschaft = reines SchuldV:

1. Keine Teilnahme am Rechtsverkehr

2. I.d.R. nur ein handelnder (Haupt)Gesellschafter (die anderen sind stille Gesellschafter)

3. Es gibt kein Gesellschaftsvermögen

4. Anwendbarkeit der GbR-Vorschriften

a) Anwendbar sind die Vorschriften über den Gesellschaftsvertrag (§ 705 BGB), die Beiträge (§ 706 BGB), das Haftungsprivileg (§ 708 BGB) und die Geschäftsführung (§§ 709 ff., 713 BGB i.V.m. §§ 664 ff. BGB)

b) Unanwendbar sind die Vorschriften, die sich auf die Vertretung der Gesellschaft beziehen bzw. die ein Gesamthandsvermögen voraussetzen

5. Abwicklung und Auseinandersetzung

 

a) Mangels Gesellschaftsvermögen gibt es keine Auseinandersetzung i.e.S.

 

b) Die Gesellschafter haben daher lediglich schuldrechtliche Ansprüche wie bei einer Auseinandersetzung, d.h. die Regelungen der §§ 721 ff. BGB und der §§ 730 ff. BGB werden auf schuldrechtlichem Weg herbeigeführt

Gesellschaftsvertrag abgeschlossen?

Voraussetzung wäre, dass M und F ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten einen Gesellschaftsvertrag geschlossen haben, also mit einem entsprechenden Rechtsbindungswillen gehandelt haben. Eine rein faktische Willensübereinstimmung reicht für eine nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilende Zusammenarbeit dagegen nicht aus.

Vorliegen eines Rechtsbindungswillens?

Ein Ausgleich nach den Regeln der GbR kann in Betracht kommen, wenn die Partner die Absicht verfolgt haben, mit dem Erwerb eines Vermögensgegenstandes, etwa einer Immobilie, einen - wenn auch nur wirtschaftlich - gemeinschaftlichen Wert zu schaffen, der von ihnen für die Dauer der Partnerschaft nicht nur gemeinsam genutzt werden, sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch wirtschaftlich gemeinsam gehören soll.

Dabei wird im Rahmen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft -- anders als bei Eheleuten -- nicht vorausgesetzt, dass sie einen über den typischen Rahmen dieser Gemeinschaft hinausgehenden Zweck verfolgen.4 Geht der Zweck hierüber nicht hinaus, kann allerdings nicht ohne weiteres von einem für das Vorliegen einer Innengesellschaft erforderlichen Rechtsbindungswillen ausgegangen werden.

Im vorliegenden Fall dienen der Erwerb des Grundstücks und die Errichtung des Hauses gerade der Verwirklichung der Lebensgemeinschaft von F und M. Ein über den typischen Rahmen der Lebensgemeinschaft hinausgehender Zweck liegt nicht vor.

Wenn die Parteien, wie hier, einen Zweck verfolgen, der nicht über die Verwirklichung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft hinausgeht, bestehen grundsätzlich Zweifel an dem erforderlichen Rechtsbindungswillen. Denn in diesem Punkt haben die Partner regelmäßig keine über die Ausgestaltung ihrer Gemeinschaft hinausgehenden rechtlichen Vorstellungen.

Da für einen dennoch auf Abschluss einer Gesellschaft gerichteten Rechtsbindungswillen nichts ersichtlich ist, scheiden hier die Annahme einer GbR und damit ein Anspruch aus § 738 BGB aus. Im Gegenteil: M hat sich aufgrund seiner „Schufa-Probleme" ausdrücklich darauf eingelassen, dass nach Außen nur F auftritt und nur diese Eigentümerin der Immobilie wird. Dies spricht gegen einen konkludent abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag.

Anmerkung: Letztlich werden auch im Rahmen der §§ 705 ff. BGB Eheleute und Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gleichbehandelt. Zwar betont der BGH, dass es bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft anders als bei der Ehe nicht auf einen Zweck ankomme, der über „Tisch und Bett" hinausgeht.

Indem er allerdings in einem solchen Fall besondere Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Rechtsbindungswillens fordert, läuft es letztlich auf dasselbe, nämlich die Verneinung einer Gesellschaft hinaus.

IV. Anspruch aus § 812 I S. 2 Alt. 2 BGB

M könnte ein Anspruch aus Zweckkondiktion nach § 812 I S. 2 Alt. 2 BGB zustehen, wenn der Zahlung der monatlichen Darlehensraten eine Zweckvereinbarung mit F zugrunde lag.

Das weitere Zusammenleben bzw. der Fortbestand der Beziehung ist aber allenfalls unausgesprochen vorausgesetztes Motiv des M gewesen. Eine Zweckvereinbarung zwischen F und M kann angesichts des Sachverhalts nicht angenommen werden.

Anmerkung: Der BGH prüft auch diesen Anspruch überhaupt nicht, sondern stürzt sich direkt auf § 313 BGB. Dies ist vom Ergebnis her nachvollziehbar. Wenn schon der Fortbestand der Beziehung schon keine Geschäftsgrundlage der Zuwendung war, s.u., liegt der Zuwendung erst recht keine entsprechende Zweckvereinbarung zugrunde. In einer Klausur dürfte die Prüfung des § 812 I S. 2 Alt. 2 BGB allerdings zu einem umfassenden Gutachten gehören.

V. Anspruch aus § 313 BGB

Da F und M mit den Investitionen gerade die Grundlage für ihre Lebensgemeinschaft schaffen wollten, den Zuwendungen also die Vorstellung oder Erwartung zugrunde gelegen haben könnte, die Lebensgemeinschaft, deren Ausgestaltung sie gedient haben, werde Bestand haben, kommt nach der Rechtsprechung des BGH auch ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB in Betracht.

schuldrechtliche Sonderbeziehung

Die schuldrechtliche Sonderbeziehung, deren Geschäftsgrundlage gestört sein könnte, ist nicht die Lebensgemeinschaft selbst, da diese eine rein tatsächliche Beziehung darstellt. Allerdings kann der einzelnen Zuwendung ein unbenannter, gemeinschaftsbezogener Vertrag sui generis zugrunde liegen. Diesem Vertrag wird mit der Trennung der Lebensgemeinschaft möglicherweise die Geschäftsgrundlage entzogen, sodass eine Rückabwicklung in Betracht kommt.

Rückabwicklung wegen gestörter Geschäftsgrundlage

Die Rückabwicklung erfasst etwa Fälle, in denen kein gemeinschaftlicher Vermögenswert geschaffen worden und es damit nicht zu gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüchen gekommen ist. Die Rückabwicklung hat allerdings nicht zur Folge, dass bei Scheitern der Beziehung sämtliche Zuwendungen auszugleichen wären. Auszuscheiden sind die im Rahmen des täglichen Zusammenlebens ersatzlos erbrachten Leistungen.5

hemmer-Methode: Solche Zuwendungen des „täglichen Lebens" sind einer Rückabwicklung schon aus Praktikabilitätsgründen entzogen. Wer will nach Beendigung einer mehrjährigen Partnerschaft noch auflisten, wann er wieviel Geld für Lebensmittel, Kino oder einen Kneipenbesuch ausgegeben hat?

Dogmatisch erklärt ist der Ausschluss der Rückabwicklung damit, dass solchen Zuwendungen gerade nicht der Glaube an den Fortbestand der Lebensgemeinschaft zugrunde liegt. Lebensmittel werden für das hier und heute und nicht für die Zukunft gekauft!

Fortbestand der Beziehung als Geschäftsgrundlage einer Zuwendung?

Voraussetzung für einen Anspruch aus § 313 BGB ist, dass gemeinschaftsbezogenen Zuwendungen die Vorstellung oder Erwartung zugrunde lag, die Lebensgemeinschaft werde Bestand haben. Hieran fehlt es eben gerade bei den im Rahmen des Zusammenlebens erbrachten alltäglichen Leistungen.

Ebenso zu beurteilen sind die Leistungen desjenigen Partners, der nicht zu den laufenden Kosten beiträgt, sondern größere Einmalzahlungen erbringt. Er kann insofern nicht bessergestellt werden als derjenige Partner, dessen Aufwendungen den täglichen Bedarf decken oder der sonst erforderlich werdende Beiträge übernimmt.

Anmerkung: Es darf keinen Unterschied machen, ob ein Partner am Anfang eines Monats bspw. 2.000,- € auf eine Art „Haushaltskonto" einzahlt, von dem dann gemeinsame Ausgaben gedeckt werden, oder ob er diese Ausgaben jeweils im Einzelfall (mit-)trägt.

Als gemeinschaftsbezogene Zuwendungen kommen hier die monatlichen Kreditraten in Betracht.

Ob diesen die Vorstellung des Fortbestands der Beziehung zugrunde lag, erscheint allerdings fraglich, da diese Zuwendungen gerade dem Zweck dienten, das tägliche Zusammenleben in der gewünschten Art zu ermöglichen.

Abwägung im Einzelfall

Bei der Abwägung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Zuwendungen zurückerstattet oder Arbeitsleistungen ausgeglichen werden müssen, ist zu berücksichtigen, dass der Partner es einmal für richtig erachtet hat, dem anderen diese Leistungen zu gewähren.

Ein korrigierender Eingriff ist grundsätzlich nur gerechtfertigt, wenn dem Leistenden die Beibehaltung der durch die Leistung geschaffenen Vermögensverhältnisse nach Treu und Glauben nicht zuzumuten ist. Insofern ist es sachgerecht, auf den Maßstab der Unbilligkeit zurückzugreifen, der für den Ausgleich von Zuwendungen unter Ehegatten gilt, die im Güterstand der Gütertrennung leben. Das Merkmal der Unbilligkeit impliziert zugleich, dass ein Ausgleich nur wegen solcher Leistungen in Betracht kommt, denen nach den jeweiligen Verhältnissen erhebliche Bedeutung zukommt. Maßgebend ist eine Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalls.

Ob und gegebenenfalls inwieweit ein Anspruch besteht, hängt mithin insbesondere von der Dauer der Lebensgemeinschaft, dem Alter der Parteien, Art und Umfang der erbrachten Leistungen, der Höhe der dadurch bedingten und noch vorhandenen Vermögensmehrung sowie von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen ab.

Anmerkung: Den Ausführungen des BGH ist nicht zu entnehmen, ob diese Abwägung zu der Frage gehört, ob Grundlage der Zuwendung der Fortbestand der Beziehung war -- in diesem Kontext erfolgen die Ausführungen --, oder ob diese Ausführungen zu der Frage gehören, ob M trotz einer Störung bzw. eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage ein Festhalten an den bestehenden Ergebnissen zugemutet werden kann.

Zu diesem Punkt passen die Ausführungen des BGH weit besser!

Darlehensrate als Mietersatz

Im Rahmen dieser Abwägung spielt hier eine wesentliche Rolle, dass die Höhe der monatlichen Darlehensraten nach dem Bearbeitervermerk die für gemieteten Wohnraum aufzubringende Miete nicht deutlich überstiegen hätte.

In dieser Größenordnung sind Wohnkosten aber zu dem Aufwand zu rechnen, den die Gemeinschaft Tag für Tag benötigt und der deshalb von einem Ausgleich auszunehmen ist. Dem steht nicht entgegen, dass mit der Zahlung der Kreditraten ein Vermögenszuwachs bei der Beklagten eingetreten ist. Dieser betrifft allein den in den monatlichen Raten enthaltenen Tilgungsanteil. Dieser ist erfahrungsgemäß gering, sodass von einem erheblichen Vermögenszuwachs auch aus diesem Grund nicht ausgegangen werden kann.

Anmerkung: Soweit das Darlehen mit einer hohen monatlichen Rate getilgt wird, kommt im Einzelfall ein anderes Ergebnis in Betracht. Im konkreten Fall hatten es die Prozessvertreter des M versäumt, überhaupt den Tilgungsanteil an der monatlichen Rate vorzutragen!

Ergebnis

Im Ergebnis kann M damit keinen Ausgleich für die allein vom ihm gezahlten Darlehensraten verlangen.

D) Kommentar

(mg). Das Ergebnis ist absolut überzeugend.

Es mag auf den ersten Blick „ungerecht" anmuten, dass M damit die „Miete" für das gemeinsame Anwesen alleine gezahlt hat -- genau dies war aber sein Beitrag zum täglichen Zusammenleben. F mag dafür mehr zu den Einkäufen der Lebensmittel beigetragen oder mehr tatsächliche Arbeiten im Haushalt geleistet haben -- oder eben auch nicht. Genau auf diese Rollenverteilung des täglichen Zusammenlebens hat sich M bewusst eingelassen, ohne dies auf eine vertragliche oder zumindest durch Eheschließung auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen.

Er kann im Nachhinein nicht erwarten, dass dies durch ein Gericht ungeschehen gemacht wird.

Ein Ausgleich kommt nur in Betracht, wenn ein Partner während der Lebensgemeinschaft zu Gunsten des anderen Leistungen erbracht hat, die deutlich über das hinausgehen, was zum Zusammenleben erforderlich war.6

Die Thematik der Rückabwicklung von Leistungen in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft hat den BGH in den letzten Jahren wiederholt und grundlegend beschäftigt.7 Aus diesem Grund ist von einer gesteigerten Examensrelevanz auszugehen. Zur schnellen Wiederholung der Thematik dient Ihnen der folgende Background:

E) Background

analoge Anwendung eherechtlicher Vorschriften auf die neLG

Denken Sie bei der neLG stets daran, die Frage aufzuwerfen, ob Vorschriften über die Ehe analog anzuwenden sind.

Wollte man die Ehevorschriften auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft analog anwenden, so würde diese rechtlich auf die gleiche Stufe gestellt wie die Ehe. Dies stünde nicht nur dem ausdrücklichen Willen der Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, sondern auch den gesetzgeberischen Motiven entgegen.

Die neLG steht auch nicht unter dem besonderen Schutz des Art. 6 I GG. Sie wird vielmehr vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Art. 2 I GG i.V.m. Art. 1 I GG erfasst und als solche von der Verfassung akzeptiert.8

Die Vorschriften des Eherechts finden daher grundsätzlich keine entsprechende Anwendung.

Ausnahmen kommen allenfalls dann in Betracht, wenn die Vorschriften nicht speziell auf die Ehe zugeschnitten sind, sondern auf jede Form einer engen Lebensgemeinschaft passen.9

1. § 1359 BGB

Der eingeschränkte Haftungsmaßstab des § 1359 BGB wird nach h.M. bejaht.10

Bei dieser Vorschrift handelt es sich weniger um eine Privilegierung der Ehe. Vielmehr geht es darum, die Haftung in den Fällen, in denen wegen der engen Verbundenheit die Gefahr der Herbeiführung von Schäden vergrößert ist, einzuschränken.

Dies betrifft nicht nur das Verhältnis der Eheleute zueinander (§ 1359 BGB) bzw. das Eltern-Kind-Verhältnis (§ 1664 BGB), sondern auch das Verhältnis der Partner einer neLG zueinander.11

2. § 1969 BGB

Strittig ist, ob die Regelung des § 1969 BGB analog anwendbar ist. Dies bejaht die wohl h.M.12 Voraussetzung ist dann aber, dass dem Partner der neLG auch tatsächlich Unterhalt als freiwillige Leistung gezahlt worden ist.

3. § 1362 BGB, § 739 ZPO

Eine analoge Anwendung der Eigentumsvermutung des § 1362 BGB und der Gewahrsamsfiktion des § 739 ZPO wird von e.A. bejaht, da diese Vorschriften andernfalls eine verfassungswidrige Schlechterstellung der Eheleute darstellen würden, Art. 6 I GG,13 und es aus der Sicht des Gläubigers keinen Unterschied macht, ob die Zusammenlebenden einen Trauschein haben oder nicht.14

Der BGH lehnt hingegen eine analoge Anwendung der § 1362 BGB, § 739 ZPO ab, da es an der für die Analogie erforderlichen unbewussten, planwidrigen Regelungslücke fehlt. In Kenntnis des Meinungsstreits hat der Gesetzgeber nach Einführung der Lebenspartnerschaft den § 739 II ZPO eingefügt und es unterlassen, dies auch für die Partner einer neLG zu tun. Dies spricht dafür, dass der Gesetzgeber dies bewusst nicht geregelt hat. Auch eine richterliche Rechtsfortbildung ist von Verfassungs wegen nicht angezeigt, da eine verfassungsrechtlich bedenkliche Norm nicht auch noch ausgedehnt werden muss.15

Mögliche Anspruchsgrundlagen bei Trennung der Partner einer neLG

Als Lernteil zur neLG sollen im Folgenden die wichtigsten Anspruchsgrundlagen zusammengetragen werden, die für die Begründung eines Ausgleichsanspruchs bei Trennung einer neLG in einer Klausur diskutiert werden können.

1. § 1378 BGB analog

Eine analoge Anwendung der Zugewinnausgleichsvorschriften scheitert daran, dass eine Ehe gerade nicht gewollt war und nur die Ehe unter dem besonderen Schutz des Staates steht, Art. 6 I GG.

2. §§ 1298, 1301 BGB?

Ein Anspruch aus dem Verlöbnisrecht scheitert daran, dass der Partner einer neLG seine „Leistungen" nicht im Hinblick auf eine spätere Eheschließung erbracht hat, sondern um die bestehende nichteheliche Lebensgemeinschaft zu verwirklichen.

Auch eine analoge Anwendung scheidet aus oben genannten Gründen aus, da mangels „Rechtsbindungswille" bzgl. der Eheschließung keine vergleichbare Interessenlage vorliegt.

3. §§ 530, 531, 812 I S. 2 BGB

Bei einer Schenkung ist an Ansprüche aus §§ 530 f, 812 I S. 2 Alt. 1 BGB zu denken.

Allerdings wird in den meisten Fällen, die zunächst nach einer Schenkung aussehen, die erforderliche subjektive Unentgeltlichkeit fehlen. Zuwendungen zwischen Partnern einer neLG erfolgen meist „um der neLG willen" und nicht, um dem anderen einen unentgeltlichen Vermögensvorteil zu verschaffen.16 Es fehlt daher zum einen u.U. an der „Unentgeltlichkeit", wenn die Zuwendung der Partnerschaft dient, da die Zuwendung als „Gegenleistung für die Gemeinschaft" erfolgt. Voraussetzung für eine Schenkung ist nach der Rechtsprechung des BGH v.a. ein spürbares Vermögensopfer. Hieran fehlt es, wenn der Schenkende den konkreten Gegenstand auch nach der Schenkung wie einen eigenen oder besser gemeinsamen weiter benutzen will.17

4. Anspruch auf Duldung des Verkaufs und Mitwirkung bei der Teilung einer Bruchteilsgemeinschaft, §§ 742, 749, 753 BGB

Partner einer neLG, die gemeinsames Eigentum erwerben, bilden eine Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 1008, 741 ff. BGB.

Insbesondere bei Hausrat und anderen gemeinsam genutzten Sachen kann man von einer Anschaffung zu gemeinschaftlichem, hälftigen (vgl. § 742 BGB) Eigentum ausgehen.

Nach § 749 BGB kann dann jeder der Partner jederzeit die Teilung verlangen, was nach § 753 BGB meist zum Verkauf des Gegenstandes und zur anschließenden Erlösteilung führt.

hemmer-Methode: Bei Immobilien ist die Eigentumslage aufgrund der Eintragungen im Grundbuch eindeutig. Baut ein Partner auf dem Grundstück seines Partners aus eigenen Mitteln ein Haus, so hat er wegen §§ 946, 94 I, 93 BGB eigentumsrechtlich ein Eigentor geschossen. Der evtl. bestehende Ausgleichsanspruch nach §§ 951, 812, 818 BGB ändert nichts daran, dass er nach der Trennung „ausziehen" muss.

Benutzt einer der Eheleute die im gemeinsamen Eigentum stehende Sache, meist ein Hausgrundstück, nach der Trennung allein, ist an einen Ausgleichsanspruch nach § 745 II BGB zu denken.18

5. § 488 I S. 2 BGB bzw. § 607 I S. 2 BGB (bei Geld- bzw. Sachzuwendungen)

Vgl. Besprechung der Entscheidung!

6. § 611 BGB bzw. §§ 662, 670 BGB bei unentgeltlicher Mitarbeit

a) Arbeitsverträge schließen Partner einer neLG oft deshalb, um die Steuerlast zu minimieren.

Zum anderen soll der Partner über die gesetzliche Sozialversicherung abgesichert werden.

Diese Sozialversicherung ist aber zugleich der Grund, warum bei der Annahme stillschweigender Arbeitsverträge Zurückhaltung geboten ist.

Die Partner einer neLG werden bei vermeintlichen konkludenten Arbeitsverträgen meist nicht an die Zahlungen an die Sozialversicherung gedacht haben, sodass hier rückwirkend erhebliche Belastungen entstehen, wenn nun nach einigen Jahren ein konkludenter Arbeitsvertrag bejaht wird.

b) Ein Aufwendungsersatzanspruch nach Auftragsrecht gem. §§ 662, 670 BGB scheitert regelmäßig daran, dass die Tätigkeit im Interesse der neLG erfolgt. Es fehlt also an der für den Auftrag erforderlichen Fremdnützigkeit, da man im gemeinschaftlichen Interesse tätig wird.

c) Aus demselben Grund entfallen Ansprüche aus GoA (§§ 683 S. 1, 670 BGB). Mit seiner gemeinschaftsbezogenen Zuwendung trägt der Partner zur Verwirklichung der neLG bei und führt daher ein eigenes Geschäft. Jedenfalls fehlt der nach § 687 I BGB erforderliche Fremdgeschäftsführungswille.

7. §§ 730 ff. BGB (analog)

Vgl. Besprechung der Entscheidung!

8. Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB

Vgl. Besprechung der Entscheidung!

9. Ansprüche aus § 812 I BGB

Vgl. Besprechung der Entscheidung!

10. Ausgleich nach § 426 BGB bei gemeinsam angemieteter Wohnung

Bei Unterzeichnung eines Mietvertrags durch beide Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft entsteht im Außenverhältnis eine Gesamtschuld gem. § 427 BGB.

Trotzdem kann nach den besonderen Umständen des Einzelfalls beim Ausgleich im Innenverhältnis gem. § 426 I S. 1 BGB nur einer der Partner zu Zahlungen aus dem Mietverhältnis verpflichtet sein. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Miete von Anfang an aus dem Einkommen eines Partners gezahlt wurde und dem anderen die entsprechende Leistungsfähigkeit fehlte.19

F) Zur Vertiefung

  • Zur unbenannten Zuwendung

Hemmer/Wüst, Familienrecht, Rn. 227 ff.

  • Zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft

Hemmer/Wüst, Familienrecht, Rn. 319 ff.

G) Wiederholungsfrage

  1. Warum besteht bei Ehegatten und Partnern, die nach außen gesamtschuldnerisch haften, regelmäßig kein Regressanspruch nach § 426 I BGB?

  1. Zur neLG vgl. Hemmer/Wüst, BerR, Rn. 286 ff. und Familienrecht, Rn. 319 ff.; Palandt, Einl. v. § 1297 BGB, Rn. 10 ff.

  2. Palandt, vor § 1297 BGB, Rn. 11.

  3. BGH, FamRZ 2005, 1236 = **Life & Law 10/2005, 676 ff.

  4. BGH, NJW 2008, 3277 = **Life & Law 2008, 719 ff.

  5. BGH, Life & Law 2007, 237 f. = NJW 2007, 992 ff.; BGH, Life & Law 2008, 227 ff.

  6. Vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 23.04.2013, II-2 WF 39/13

  7. Vgl. auch BGH, Urteil vom 25.11.2009, XII ZR 92/06 = Life & Law 2010, 234

  8. Vgl. BVerfG, NJW 1981, 1201

  9. Palandt, vor § 1297 BGB, Rn. 14.

  10. Palandt, v. § 1297 BGB, Rn. 25; Erman, v. § 1353 BGB, Rn. 18

  11. So auch OLG Oldenburg, NJW 1986, 2259 f.

  12. Palandt, Einl. v. § 1297 BGB, Rn. 13.

  13. Thran, NJW 1995, 1458 ff.

  14. Stein/Jonas, § 739 BGB, Rn. 11.

  15. BGH, NJW 2007, 992 ff = Life & Law 2007, 237 f.

  16. Palandt, § 516 BGB, Rn. 10.

  17. BGH, Urteil vom 03.02.2010, XII ZR 189/06 = FamRZ 2010, 958 = Life & Law 8/2010, 517 ff.

  18. Ausführlich zur Gemeinschaft bei der neLG Halfmeier, JA 2008, 97 (98).

  19. Vgl. zuletzt LG Oldenburg, FamRZ 2008, 155 . Zur gesamtschuldnerischen Ausgleichspflicht bzgl. der Mietkosten bei Auszug aus der gemeinsamen Mietwohnung bei Eheleuten vgl. OLG Brandenburg, FamRZ 2008, 156