Einmal weg, immer weg: Einreden können nicht wieder auferstehen!

BGH, Urteil vom 25.10.2013, V ZR 147/12; ZIP 2013, 2352 ff.

von Life and Law am 01.02.2014

+++ Einredefreier Erwerb bei der Grundschuld +++ Unterschied zur alten Rechtslage +++ § 1192 Ia BGB +++

Sachverhalt (abgewandelt): K erwarb im Jahr 2000 ein Hausgrundstück. Zugunsten des G wurde eine Buchgrundschuld im Umfang von 200.000,- DM bestellt. Da G selbst ein Darlehen benötigte, übertrug er die Grundschuld zur Sicherung einer Darlehensrückzahlungsforderung auf die B-Bank. Die Übertragung der Buchgrundschuld wurde im Jahr 2001 in das Grundbuch eingetragen. Die B-Bank übertrug die Grundschuld im Jahr 2003 auf X, nachdem G zuvor das Darlehen vollständig an die B-Bank zurückgezahlt hatte. Die Eintragung der Übertragung auf X in das Grundbuch erfolgte erst am 22.09.2008.

X geht aus der Grundschuld gegen K vor. K behauptet nun, die Grundschuld habe ein Darlehen des G sichern sollen, welches nur zum Schein vereinbart worden sei. Das Darlehen sei auch nie ausgezahlt worden. X meint, das gehe ihn nichts an.

K erhebt daraufhin eine Vollstreckungsabwehrklage.

Ist diese begründet? Es ist zu unterstellen, dass ein wirksames Darlehen zwischen K und G tatsächlich nie begründet worden war.

A) Sound

Ist eine Sicherungsgrundschuld, gegen die dem Eigentümer eine Einrede aufgrund des Sicherungsvertrags mit einem früheren Gläubiger zustand, vor dem für die Anwendbarkeit von § 1192 Ia BGB maßgeblichen Stichtag von einem Dritten gutgläubig einredefrei erworben worden, führt eine weitere Abtretung an einen Dritten nach dem Stichtag nicht dazu, dass die Einrede wieder erhoben werden kann.

B) Problemaufriss

Die materiell-rechtlich interessante Fragestellung berührt den Kernbereich des Grundschuldrechts. Betrachtet man den Fall im Zwei-Personen-Verhältnis zwischen K und G, weist er keine größeren Schwierigkeiten auf. Sollte für die bestellte Grundschuld tatsächlich keine Forderung bestehen, würde dies der Wirksamkeit der Grundschuldbestellung nicht entgegenstehen.

Anmerkung: Darin liegt ein wesentlicher Unterschied zur Hypothek. Aufgrund der Akzessorietät setzt diese für ihre Entstehung eine Forderung voraus, vgl. den Wortlaut von § 1113 I BGB bzw. § 1163 I BGB.

Dabei ist jedoch zu beachten, dass es sich hierbei lediglich um eine sog. Zuständigkeits-, nicht um eine Bestandsakzessorietät handelt. Die Existenz der Forderung entscheidet also nur darüber, wem das Grundpfandrecht zusteht. Das Grundpfandrecht entsteht bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen (Einigung, Eintragung gem. § 873 BGB; Briefübergabe bzw. Eintragung des Ausschlusses, § 1116 II BGB) auch unabhängig von der Forderung. Es steht allerdings gem. §§ 1163 I S. 1, 1177 I BGB dem Eigentümer als Eigentümergrundschuld zu. Dieser vermeintlich komplizierte Modus hat seinen Grund im Prinzip der Rangwahrung und dem Prinzip des Ausschlusses der sog. „Konsolidation" im Sachenrecht, vgl. § 889 BGB. Dadurch, dass das Recht bereits existiert, blockiert es die Rangstelle, an der es eingetragen wurde, sodass für den Fall des späteren Entstehens der Forderung aus der Eigentümergrundschuld automatisch eine Fremdhypothek entsteht.

Allerdings wird die Sicherungsgrundschuld (vgl. die Legaldefinition des § 1192 Ia BGB) unabhängig davon nur zur Sicherung einer Forderung bestellt, d.h. für den Fall, dass der persönliche Schuldner zur Zahlung verpflichtet ist, aber die Zahlung nicht vornimmt.

Fehlt es an dieser Voraussetzung -- was vorliegend der Fall ist, da das Darlehen tatsächlich nicht ausgeschüttet worden ist --, spricht man von der Einrede des mangelnden bzw. fehlenden Sicherungsfalles. Diese Einrede resultiert -- auch ungeschrieben -- aus dem Sicherungsvertrag. Denn Sicherheiten werden ganz generell nur für den Fall bestellt, dass nicht gezahlt wird, obwohl gezahlt werden muss.

Auf diese Einrede des mangelnden Sicherungsfalles müsste sich K gegenüber G vor Gericht berufen.

Wird die Grundschuld auf einen Dritten übertragen (zu den Voraussetzungen vgl. die Ausführungen in der Lösung), stellt sich die Frage, was mit den Verteidigungsmitteln passiert, die dem Eigentümer gegen den ursprünglichen Gläubiger zustanden. Bleiben diese Einreden bestehen und können auch dem neuen Gläubiger entgegengehalten werden, oder erwirbt der neue Gläubiger das Grundpfandrecht einredefrei? Hier gilt es danach zu unterscheiden, ob es sich um eine Einrede gegen das Grundpfandrecht oder gegen die gesicherte Forderung, ob es sich um eine Hypothek oder eine Grundschuld handelt und -- bei letzterer -- ob die Übertragung vor Inkrafttreten des Risikobegrenzungsgesetzes oder danach stattgefunden hat (dazu in der Lösung).

Aufgrund dieser Vielzahl von Differenzierungen haben Studenten in diesem Bereich häufig Schwierigkeiten mit der richtigen Lösung des Falles. Wenn man die Systematik jedoch einmal erfasst hat, lassen sich die Fälle fast schematisch lösen.

Der prozessuale Aufhänger ist vorliegend eine Vollstreckungsabwehrklage. Insoweit mag der ein oder andere Leser bei der Lektüre des Sachverhalts gedacht haben, dass die relevante Einwendung doch sowieso gem. § 767 II ZPO präkludiert wäre.

Dazu muss man jedoch Folgendes beachten. Der materiell-rechtliche Anspruch des Inhabers eines Grundpfandrechts ist gerichtet auf die Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück, § 1147 BGB (ggf. in Verbindung mit § 1192 I BGB).

Die Titulierung dieses Anspruchs erfolgt in aller Regel aber nicht im normalen Klageverfahren. Typischerweise unterwirft sich der Eigentümer bereits bei Bestellung des Grundpfandrechts in einer notariellen Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung. Der Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung ist damit von Anfang an gem. § 794 I Nr. 5 ZPO tituliert, sodass der Inhaber unmittelbar in die Zwangsvollstreckung einsteigt. Wendet sich der Eigentümer dagegen mit der Vollstreckungsabwehrklage, findet § 767 II ZPO keine Anwendung, vgl. § 797 IV ZPO. Hintergrund dafür ist der Umstand, dass es hier kein Erkenntnisverfahren gibt, im Rahmen dessen der Eigentümer die Möglichkeit gehabt hätte, seine Einwendungen vorzutragen. Es gibt hier zudem keine Entscheidung, die rechtskraftfähig wäre. Die Aufgabe des § 767 II ZPO besteht aber gerade im Schutz der Rechtskraft.

Sofern also die im Verhältnis K zu G entstandene Einrede des mangelnden Sicherungsfalles auch gegenüber X geltend gemacht werden kann, ist die Vollstreckungsabwehrklage erfolgreich.

C) Lösung

Für eine erfolgreiche Vollstreckungsabwehrklage des K gegen X gem. §§ 795, 767 I ZPO ist Voraussetzung, dass -- sofern X die Grundschuld wirksam erworben haben sollte -- dem K eine Einrede zusteht, welche er der Inanspruchnahme aus § 1147 BGB entgegensetzen kann.

I. Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung

Zu klären ist daher zunächst, ob X gegen K überhaupt ein Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung gem. §§ 1192 I, 1147 BGB zusteht. Dazu müsste X Inhaber einer Grundschuld am Grundstück des K geworden sein. Da dem K gegenüber keine Grundschuld bestellt wurde, kann er Inhaber einer Grundschuld allenfalls im Zuge eines abgeleiteten Erwerbs geworden sein.

Laut Sachverhalt wurde ihm seitens der B-Bank eine Grundschuld am Grundstück des K übertragen. Dieser Übertragungsakt müsste wirksam sein und B müsste ihrerseits Inhaberin einer Grundschuld gewesen sein.

1. Übertragung der Grundschuld auf X

Für die Frage, wie eine Grundschuld übertragen wird, kommt es darauf an, ob es sich um eine Brief- oder um eine Buchgrundschuld handelt. Bei der Briefgrundschuld, die wegen der erleichterten Verkehrsfähigkeit die Regel ist (§§ 1192 I, 1116 I BGB), ist eine Eintragung im Grundbuch für die Übertragung gerade nicht gewollt, sodass § 873 I Var. 3 BGB nicht passt. Daher wird die Briefgrundschuld nach dem Grundtatbestand des § 413 BGB durch Abtretung übertragen. Aufgrund des sachenrechtlichen Publizitätsprinzips muss aber über § 1192 I BGB die Vorschrift des § 1154 I BGB angewendet werden, wobei das Wort Forderung durch Grundschuld ersetzt werden muss.

Anmerkung: Auch hier besteht ein wesentlicher Unterschied zur Hypothek aufgrund deren Akzessorietät. Die Übertragung der Hypothek erfolgt gem. § 1153 I BGB (kraft Gesetzes) durch Abtretung der gesicherten Forderung in der Form des § 1154 BGB. Der „Auslöser" für den Übergang der Hypothek ist also die Übertragung der Forderung. Da die Grundschuld nicht akzessorisch ist, gehen Forderung und Grundpfandrecht durch getrennte Übertragungsakte über.

Die Forderung wird gem. § 398 BGB abgetreten, die Briefgrundschuld gem. §§ 413, 398 BGB. Vorliegend ist von der Übertragung der Forderung laut Sachverhalt nicht die Rede. Dies wäre auch irrelevant, da es einen gutgläubigen Forderungserwerb nicht gibt.1

Vorliegend geht es jedoch um eine Buchgrundschuld. Diese wird nach §§ 1192 I, 1154 III, 873 BGB durch Einigung und Eintragung im Grundbuch übertragen.

a) Einigung, §§ 1192 I, 1154 III, 873 I Var. 3 BGB

Voraussetzung ist demnach eine dingliche Einigung zwischen X und B gem. § 873 I Var. 3 BGB i.V.m. §§ 1192 I, 1154 III BGB. Diese hat stattgefunden.

Auch die Eintragung hat im September 2008 stattgefunden.

b) Berechtigung der B

Für die Wirksamkeit der Abtretung ist weiterhin erforderlich, dass B selbst Inhaberin der Grundschuld war.

Laut Sachverhalt wurde die Grundschuld von G auf B übertragen. Voraussetzung für die Berechtigung des B ist daher, dass die Übertragung auf ihn wirksam war.

Anmerkung: An dieser Stelle muss also inzident geprüft werden, was für einen Klausurersteller reizvoll sein kann, weil eine solche Prüfung vom Aufbau her stets eine gewisse Schwierigkeit mit sich bringt. Etwaige Wirksamkeitsprobleme bei der Übertragung von G auf B sind dem Sachverhalt jedoch nicht zu entnehmen. Machen Sie sich gleichwohl die Konsequenz deutlich, die sich aus der Unwirksamkeit ergeben würde: B würde als Nichtberechtigter agieren. Zu prüfen wäre im Verhältnis zu X daher ein gutgläubiger Erwerb.2

Wirksamkeitshindernisse sind hier nicht ersichtlich. Laut Sachverhalt liegt eine Übertragung von G auf B vor; die Übertragung wurde auch in das Grundbuch eingetragen, § 1154 III BGB.

G seinerseits müsste aber berechtigt gewesen sein. Dies ist der Fall, da der Sachverhalt keine Unwirksamkeitsgründe bei der Bestellung durch K benennt.

Anmerkung: Wir haben die Fall an dieser Stelle bewusst knapp gehalten, um den Blick für das nun folgende entscheidende Problem nicht zu verstellen. Machen Sie sich aber trotzdem klar, dass die Problemhinführung in der Klausur auch von entscheidender Bedeutung ist. Es geht nicht nur darum, ein Problem zu erkennen, sondern auch darum, es an der richtigen Stelle im Aufbau zu platzieren. In einer Klausur ist damit zu rechnen, dass ein Fall nicht nur ein Problem beinhaltet, sondern eine Vielzahl kleinerer Probleme. Schärfen Sie Ihr Problembewusstsein und verschaffen Sie sich vertiefend auch einen Überblick über die Probleme, die in der vorliegenden Entscheidung nicht relevant werden.3

Zwischenergebnis: Da B auch als Berechtigter agiert hat, ist die Grundschuld wirksam auf X übertragen werden. Ein Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung gegen K besteht daher dem Grunde nach.

2. Einreden gegen die Inanspruchnahme

Die Grundschuld wurde bestellt zur Sicherung einer Forderung des G gegen K. Laut Sachverhalt ist diese Forderung aber nicht zur Entstehung gelangt. Auch wenn die Grundschuld für ihre Entstehung - anders als die Hypothek - nicht nach einer entstandenen Forderung verlangt, hängt die Durchsetzbarkeit gleichwohl von der schuldrechtlichen Rechtslage ab. Besteht keine zu sichernde Forderung, besteht auch kein Sicherungsbedürfnis. Dieser Zusammenhang wird durch den Sicherungsvertrag hergestellt, sog. schuldrechtliche „Ersatzakzessorietät".

Aus dem Sicherungsvertrag ergibt sich, dass eine Geltendmachung der Grundschuld stets nur in dem Umfang erfolgen soll, der der gesicherten Forderung entspricht. Besteht keine zu sichernde Forderung, gibt es keinen Sicherungsfall (Einrede des mangelnden Sicherungsfalles, vgl. dazu bereits den Problemaufriss).

Anmerkung: Der Sicherungsvertrag ist für das Verständnis des Kreditsicherungsrechts von entscheidender Bedeutung. Jeder (!) Bestellung einer Sicherheit liegt ein -- wenn auch häufig nur konkludent -- geschlossener Sicherungsvertrag zugrunde. Der Sicherungsvertrag ist die schuldrechtliche causa für die Bestellung der Sicherheit; er regelt zudem, unter welchen Voraussetzungen die Sicherheit verwertet werden darf (sog. Verwertungsreife), wie die Verwertung zu erfolgen hat (bei beweglichen Sachen etwa durch Versteigerung oder freihändigen Verkauf) und wie die Sicherheit zurückzuführen ist, wenn die Forderung vom Schuldner beglichen wurde.4

3. Einrede auch gegenüber X?

Fraglich ist jedoch, ob K auch dem X diese Einrede entgegenhalten kann. Der Sicherungsvertrag ist ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen K und G, an dem X nicht beteiligt ist.

a) Grundsatz: Relativität der Schuldverhältnisse

Schuldrechtliche Verträge wirken grundsätzlich nur „inter partes".

Etwas anderes könnte sich jedoch aus § 1192 Ia BGB ergeben. Nach dieser Vorschrift kann der Eigentümer Einreden, die ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehen, auch jedem Erwerber der Grundschuld entgegenhalten. Die Vorschrift durchbricht damit die relative Wirkung eines Schuldverhältnisses.

Sie gilt nach ganz h.M. gegenüber jedem -- nicht nur dem ersten - Erwerber der Grundschuld.5 Selbst wenn X von einer bestehenden Einrede keine Kenntnis gehabt haben sollte, würde ihm dies nicht helfen. Gem. § 1192 Ia S. 1 HS 2 BGB finden §§ 1157 S. 2, 892 BGB insoweit keine Anwendung.

Anmerkung: Unklar ist der Anwendungsbereich des § 1192 Ia S. 2 BGB, wonach § 1157 im Übrigen Anwendung findet. „Im Übrigen" bedeutet jedenfalls, dass es um Einreden gehen muss, die ihren Ursprung nicht im Sicherungsvertrag mit dem Eigentümer haben.6

Voraussetzung dafür wäre aber zum einen, dass § 1192 Ia BGB auf die Übertragung der Grundschuld von B auf X überhaupt Anwendung findet und dass K in der Lage gewesen wäre, der B diese Einrede ebenfalls entgegenzuhalten.

b) Problem Nr. 1: Anwendbarkeit

§ 1192 Ia BGB ist mit Wirkung zum 19.08.2008 in Kraft getreten und gilt für alle Erwerbstatbestände, die nach diesem Datum wirksam geworden sind, vgl. Art. 229 § 18 EGBGB.

Vorliegend hat zwar die Abtretung der Grundschuld von B an X bereits im Jahr 2003 stattgefunden. Allerdings wurde die Abtretung erst im September 2008 im Grundbuch eingetragen.

Gem. § 1154 III BGB ist die Eintragung im Grundbuch Wirksamkeitsvoraussetzung, sodass eine wirksame Übertragung erst nach Inkrafttreten der Vorschrift stattgefunden hat. Die Vorschrift findet daher Anwendung auf die Übertragung von B auf X.

c) Problem Nr. 2: Einrede überhaupt noch existent?

Fraglich ist allerdings, ob es die Einrede im Zeitpunkt der Übertragung überhaupt noch gegeben hat. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn die Einrede im Zuge der Übertragung von G auf B im Jahr 2001 untergegangen sein sollte. Zu diesem Zeitpunkt fand § 1192 Ia BGB noch keine Anwendung, s.o.

Fraglich ist, was nach alter Rechtslage für Einreden galt, welche der Grundschuld entgegengesetzt werden sollten.

Gem. § 1192 I BGB gelten für die Grundschuld die Vorschriften über die Hypothek, soweit im Grundschuldrecht keine Besonderheiten bestehen und die Normen des Hypothekenrechts nicht gerade Ausdruck der dort geltenden Akzessorietät sind.

Anmerkung: Im Zusammenhang mit Einreden ist letzterer Aspekt ganz wichtig. Gem. § 1137 I S. 1 BGB kann der Eigentümer die dem persönlichen Schuldner zustehenden Einreden mit Ausnahme der Verjährungseinrede (vgl. § 216 I BGB) auch gegen die Hypothek geltend machen. Diese Norm ist gerade Ausfluss des Akzessorietätsprinzips, sodass § 1137 BGB auf die Grundschuld keine Anwendung findet.

§ 1157 BGB kann insoweit unproblematisch auf die Grundschuld angewendet werden. Denn diese Norm durchbricht die Relativität der Schuldverhältnisse, drückt aber nicht die Akzessorietät bei der Hypothek aus.

Da die Einrede des mangelnden Sicherungsfalles unmittelbar aus dem Sicherungsvertrag („Rechtsverhältnis" i.S.d. § 1157 S. 1 BGB) resultiert, könnte K diese Einrede auch B entgegenhalten.

Allerdings könnte die Einrede gem. § 1157 S. 2 BGB durch B gutgläubig wegerworben worden sein.

Anmerkung: Dies ist der entscheidende Unterschied zur neuen Rechtslage. Der Gesetzgeber wollte den Eigentümer stärker schützen, sodass ein einredefreier Erwerb bei der Grundschuld nicht mehr in Betracht kommt. Gesetzessystematisch ist dies problematisch. Denn dadurch wird die dingliche Rechtslage bei der Grundschuld stärker an die schuldrechtliche gebunden, als dies bei der Hypothek ist. Denn nach dem Gesetzestext findet dort § 1157 S. 2 BGB nach wie vor Anwendung. Diskutiert wurde daher eine analoge Anwendung des § 1192 Ia BGB auf die Hypothek.

Diese Diskussion ist auch deshalb problematisch, weil die analoge Anwendung im Hinblick auf schuldrechtliche Einreden nicht weiterhelfen würde. Denn diese fallen bei der Hypothek nicht unter § 1157 BGB, sondern unter § 1137 BGB. Und dort ist ein gutgläubiger Wegerwerb von Einreden gem. § 1138 Alt. 2 BGB nach wie vor möglich. Eine Glanzleistung des Gesetzgebers!

Gem. § 1157 S. 2 BGB findet § 892 BGB auch im Hinblick auf die Einreden gem. § 1157 S. 1 BGB Anwendung. Insoweit gilt eine negative Publizität: Einreden, die nicht im Grundbuch eingetragen sind, muss sich der Erwerber der Grundschuld auch nicht entgegenhalten lassen, wenn er von ihnen nicht anderweitig Kenntnis erlangt hat.

Eine Eintragung der Einrede geht aus dem Sachverhalt nicht hervor; ebenso wenig die Kenntnis des B von der Existenz dieser Einrede.

Zwischenergebnis: Demnach hat B die Einrede gutgläubig wegerworben. Da die Einrede im Zeitpunkt der Übertragung an X gar nicht mehr bestand, stellt sich hier die Frage nach einem gutgläubigen Erwerb nicht mehr: Auch X gegenüber kann die Einrede daher nicht mehr geltend gemacht werden.

Anmerkung: Erst jetzt geht es mit der eigentlichen Problematik der BGH-Entscheidung los!

d) Anderes Ergebnis infolge Neuregelung?

Fraglich ist jedoch, ob sich nicht doch aus § 1192 Ia BGB etwas anderes ergibt.

Streng am Wortlaut der Vorschrift argumentiert, kommt es für die Möglichkeit, eine Einrede dem Erwerber einer Grundschuld entgegenhalten zu können, nur darauf an, dass diese Einrede dem Sicherungsvertrag entstammt. Das ist vorliegend der Fall. Auf die Frage, ob diese Einrede einem „Zwischenerwerber" (hier B) aufgrund der ehemaligen Geltung des § 1157 BGB hätte entgegengesetzt werden können, kommt es daher möglicherweise gar nicht an.

Dieser Ansicht der Vorinstanz7 schließt sich der BGH jedoch nicht an:

sachenrechtliche Grundsätze maßgeblich

Zwar schließt § 1192 Ia S. 1 BGB hinsichtlich der in der Norm aufgeführten Einreden einen gutgläubigen Erwerb gem. §§ 1157 S. 2, 892 I S. 1 BGB aus.

Seit dem Erwerb durch die B war die Grundschuld aber einredefrei. Demzufolge hat X die Grundschuld so erworben, wie sie (jetzt) ist, nämlich einredefrei; dazu bedurfte es des guten Glaubens nicht (mehr). Dies entspricht dem allgemein anerkannten sachenrechtlichen Grundsatz, dass ein einmal vollendeter einredefreier Erwerb des dinglichen Rechts auch für einen weiteren -- selbst einen bösgläubigen -- Rechtsnachfolger fortwirkt.

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber von diesem Grundsatz im Zusammenhang mit Einreden gegen eine Grundschuld abweichen wollte. Die Gesetzesbegründung weist sogar ausdrücklich darauf hin, dass Grundschuldveräußerungen aus der Zeit vor Inkrafttreten der Rechtsänderung nicht einbezogen würden, weil es sich um bereits abgeschlossene Tatbestände handele, in die nicht nachträglich eingegriffen werden sollte.

auch § 242 BGB greift nicht ein

Schließlich muss sich X auch nicht entgegenhalten lassen, dass es treuwidrig sei, die Grundschuld durchzusetzen, obwohl das Darlehen niemals valutiert wurde. Dies gilt sogar dann, wenn er von der Nichtvalutierung gewusst haben sollte. Anders läge der Fall nur dann, wenn die Übertragungen im Zuge eines kollusiven Zusammenwirkens mit G stattgefunden haben sollten. Dafür bietet der Sachverhalt aber keinerlei Anhaltspunkte.

Anmerkung: Das Ergebnis irritiert auf den ersten Blick: Obwohl K niemals ein Darlehen erlangt hat, muss er die Zwangsvollstreckung in sein Grundstück dulden. Der Ausgleich erfolgt jedoch auf schuldrechtlichem Wege, wie in anderen Fällen des gutgläubigen Erwerbs auch: Veräußert jemand eine ihm nicht gehörende Sache an einen gutgläubigen Dritten, geht das Eigentum über. Der (nun) ehemalige Eigentümer hat Ausgleichsansprüche nach gesetzlichen Schuldverhältnissen, jedenfalls nach § 816 I S. 1 BGB. Vorliegend kann K schuldrechtlich gegen G vorgehen. Dieser wusste, dass das Darlehen nicht valutiert war und hat B bei der Übertragung davon nicht berichtet, sodass ein einredefreier Erwerb möglich wurde.

Insoweit ist G dem K wegen Unmöglichkeit der Rückübertragung der Grundschuld, die aus dem Sicherungsvertrag geschuldet war, gem. §§ 280 I, III, 283 BGB zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der sich aus der von K zu duldenden Zwangsvollstreckung ergibt.

II. Endergebnis

K kann dem X keine Einrede gegen den Anspruch aus §§ 1192 I, 1147 BGB auf Duldung der Zwangsvollstreckung entgegenhalten. Die Vollstreckungsabwehrklage ist daher nicht begründet.

D) Kommentar

(cda). Eine überzeugende Entscheidung des BGH. Das für K missliche Ergebnis resultiert bereits aus der Übertragung der Grundschuld von G an B. Bereits in diesem Zusammenhang ist die Einrede entfallen. Es wäre geradezu ein Geschenk des Himmels, wenn die nachträgliche Gesetzesänderung die Einrede faktisch wiederaufleben ließe.

Dies wäre auch verfassungsrechtlich bedenklich, Art. 14 GG, weil es B nicht mehr möglich wäre, die durch ihn dinglich wirksam erworbene Grundschuld sinnvoll zu verwerten. Denn würde die Einrede seinem Erwerber X gegenüber wieder geltend gemacht werden können, wäre die Grundschuld mit einem Rechtsmangel i.S.d. § 435 BGB belastet, sodass B den Mängelrechten des § 437 BGB ausgesetzt wäre. Und dies, obwohl die Grundschuld in seiner Hand einredefrei, d.h. rechtsmängelfrei bestand.

Nehmen Sie diesen Fall zum Anlass, sich generell mit der Thematik „Einreden gegen Grundpfandrechte" auseinanderzusetzen.

E) Zur Vertiefung

  • Einreden gegen die Grundschuld

Hemmer/Wüst, Sachenrecht III, Rn. 223 ff.

F) Wiederholungsfragen

1. Warum ist § 1137 BGB auf die Grundschuld nicht anwendbar?

2. Warum gilt § 1192 Ia BGB nur, wenn im Zeitpunkt der Übertragung noch eine Einrede bestand?


  1. Da laut Sachverhalt das Darlehen nur „zum Schein" begründet wurde, und der zugrundeliegende Vertrag daher gem. § 117 I BGB nichtig ist, könnte man an einen gutgläubigen Erwerb gem. § 405 BGB denken. Der Sachverhalt sagt jedoch nichts zu dessen Voraussetzungen, sodass davon ausgegangen werden muss, dass allenfalls die Grundschuld wirksam übertragen werden konnte.

  2. Dabei handelte es sich um einen gutgläubigen Zweiterwerb. Dieser betrifft den gutgläubigen Erwerb bei der Übertragung der Grundschuld durch einen vermeintlichen Rechtsinhaber. Demgegenüber beschreibt der gutgläubige Ersterwerb den gutgläubigen Erwerb bei der Bestellung des Rechts durch den vermeintlichen Eigentümer. Dieselbe Differenzierung ist im Hypotheken- bzw. Vormerkungsrecht relevant, vgl. Hemmer/Wüst, Sachenrecht, Rn. 190 ff.; 127 ff. Es gibt aber auch dingliche Rechte an Grundstücken, bei welchen die Differenzierung allein deshalb nicht relevant ist, weil diese Rechte nicht übertragbar sind. Dann scheidet von vorneherein ein gutgläubiger Zweiterwerb aus, so etwa grds. beim Nießbrauch, § 1059 S. 1 BGB oder bei beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten, § 1092 I S. 1 BGB.

  3. Entstehungsvoraussetzungen einer Sicherungsgrundschuld, Hemmer/Wüst, Sachenrecht III, Rn. 215 ff.

  4. Zum Sicherungsvertrag speziell bei der Grundschuld vgl. Hemmer/Wüst, Sachenrecht III, Rn. 220; Palandt, § 1191 BGB, Rn. 15 ff.

  5. Palandt, § 1191 BGB, Rn. 3.

  6. Palandt, § 1192 BGB, Rn. 4 m.w.N.; hier wird als Beispiel die nachträgliche Stundung der Grundschuld genannt. Das dürfte so pauschal aber nicht aufrecht zu erhalten sein. Denn mit der nachträglichen Stundung kann auch eine konkludente Änderung des Sicherungsvertrages einhergehen, sodass auch diese Einrede ihre Basis wiederum im Sicherungsvertrag hat.

  7. OLG Brandenburg, Urteil vom 30.05.2012, AZ 4 U 67/11. Genauso: Staudinger, § 1192 BGB, Rn. 49.