Rechtsschutzbedürfnis beim vorbeugenden Rechtsschutz

OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.03.2014 -- 6 A 10966/13

von Life and Law am 01.09.2014

+++ Vorbeugende Feststellungsklage +++ Qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis +++ Drohende behördliche Maßnahme +++ Subsidiaritätsgrundsatz gem. § 43 II S. 1 VwGO +++

Sachverhalt (vereinfacht): K nimmt, ohne als Glaser in die Handwerksrolle eingetragen zu sein, regelmäßig bestimmte Arbeiten an Fenstern und Fensterrahmen vor. Er ist der Ansicht, es handele sich dabei um minderhandwerkliche Tätigkeiten, die keine Pflicht zur Eintragung in die Handwerksrolle auslösen. Mit dem Begehren, dies festzustellen, wandte sich K zunächst an die Handwerkskammer. Diese vertrat jedoch eine abweichende Auffassung und wies in einem Schreiben aus dem Jahr 2010 gegenüber K auf mögliche rechtliche Konsequenzen der weiteren Ausübung seiner Tätigkeit hin. Die Handwerkskammer führte aus, das Tätigkeitsprofil des K entspreche dem des Glaserhandwerks und sei deswegen keine minderhandwerkliche Tätigkeit. Eine Eintragung in die Handwerksrolle sei erforderlich. Maßnahmen gegen K wurden jedoch nicht ergriffen. Auf seiner Ansicht beharrend erhob K dennoch Feststellungsklage gegen die Handwerkskammer mit dem Begehr der Feststellung der fehlenden Eintragungspflicht. Diese Klage erklärten die Parteien jedoch übereinstimmend für erledigt, nachdem das Gericht sie auf eine -- tatsächlich übertragbare -- Entscheidung des BVerwG hinwies, wonach derartige Feststellungsklagen nicht gegen die Handwerkskammer, sondern gegen die zuständige Behörde zu richten sind. Daraufhin erhebt K Feststellungsklage gegen die zuständige Gemeinde G, wobei er an seinem Rechtsschutzziel festhält. G ihrerseits hat noch keine Maßnahmen gegen K veranlasst und diesem gegenüber erklärt, dass sie solche aktuell nicht beabsichtige. Auf die Bedenken des Gerichts hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage entgegnet K, dass er sich auf den allgemeinen prozessualen Grundsatz berufe, nach dem ein sich in einem streitigen Rechtsverhältnis Befindlicher nicht zu warten brauche, „bis etwas passiert". Der Betroffene müsse schon im Vorgriff einer Maßnahme das Recht auf gerichtliche Klärung haben. Das ergebe sich nicht zuletzt aus Art. 19 IV GG. Er weist insbesondere auf ein mögliches Ordnungswidrigkeitsverfahren hin. Dieses hat die zuständige Kreisverwaltungsbehörde jedoch noch nicht eingeleitet.

Ist die Klage des K zulässig?

A) Sounds

1. Eine vorbeugende Feststellungsklage bedarf eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses. Der Kläger ist grundsätzlich auf nachträglichen Rechtsschutz durch Widerspruch und Anfechtungsklage verwiesen.

2. Dies gilt auch für die Frage nach der Eintragungspflicht eines Handwerksbetriebs in die Handwerksrolle.

3. Sind seitens der zuständigen Behörde noch keine belastenden Maßnahmen gegen den Kläger eingeleitet oder auch nur angekündigt, besitzt dieser in der Regel nicht das besondere Interesse an der vorbeugenden Feststellung der Eintragungspflichtigkeit handwerklicher Tätigkeiten.

B) Problemaufriss

Die Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz behandelt im Kern ein klassisches verwaltungsprozessuales Problem des vorbeugenden Rechtschutzes. Mit dem Anknüpfungspunkt im Handwerksrecht setzt sich das Gericht mit Umfang und Grenzen des Vorrangs des repressiven vor dem präventiven Rechtsschutz auseinander. Die entsprechende Diskussion entzündet sich am für den vorbeugenden Rechtsschutz erforderlichen qualifizierten Rechtsschutzbedürfnis. Angesichts der sehr restriktiven Kriterien, die an dieses angelegt werden, vermag dabei auch das vom Gericht gefundene Ergebnis der Unzulässigkeit letztlich nicht zu überraschen.

Den Reiz der Entscheidung macht die Kombination von bekannten prozessualen Problemen mit den Besonderheiten der in der Ausbildung allenfalls gestreiften Rechtsmaterie des Handwerksrechts aus. So bietet sich für Klausuren die Möglichkeit, Wissensabfrage mit der Anwendung auf unbekanntere Rechtsmaterien zu verbinden. Zwar wird in der Klausur nur in den seltensten Fällen allein die Zulässigkeit zu beurteilen sein, sodass die Prüfung in der absoluten Mehrzahl der Fälle hieran nicht scheitert. Jedoch bedarf es nur geringer Modifikationen, um die Entscheidung gemessen an diesen Anforderungen zum tauglichen Klausurgegenstand zu machen. Mit einem gefestigten Grundwissen zu Struktur und System des verwaltungsprozessualen Rechtsschutzes und der Fähigkeit, sich in unbekannteren Rechtsmaterien zurechtzufinden, wäre sie dann gut lösbar.

C) Lösung

Die Klage des K müsste zulässig sein.

I. Zulässigkeit

Die Klage des K ist zulässig, wenn alle Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen.

1. Verwaltungsrechtsweg

Der Verwaltungsrechtsweg müsste eröffnet sein. Es fehlt vorliegend an einer aufdrängenden Sonderzuweisung. Die §§ 12, 8 IV HandwO, die eine solche im Betreff auf die Eintragung in die Handwerksrolle enthalten, sind in der Konstellation der vermeintlichen Untersagung gem. § 16 III HandwO nicht einschlägig. Die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs richtet sich somit nach § 40 I VwGO. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in diesem Sinne. Nach der herrschenden modifizierten Subjektstheorie1 kommt es dafür auf die Rechtsnatur des streitgegenständlichen Rechtsverhältnisses an, welches durch die den Streitgegenstand beherrschenden Normen determiniert wird. Als solche greifen hier vor allem die Normen des Handwerksrechts, §§ 1, 16 HandwO, ein. Diese sind nach der Theorie dann öffentlich-rechtlich, wenn sie ausschließlich einen Hoheitsträger berechtigen oder verpflichten.2 Dies ist hinsichtlich der Eintragungspflicht in die Handwerksrolle der Fall. Die Normen -- also auch das streitgegenständliche Rechtsverhältnis -- sind öffentlich-rechtlich. Dieses Ergebnis wird durch die Subordinationstheorie bestätigt. Wenn es nach dieser auf ein Verhältnis der Über- und Unterordnung ankommt, lässt sich ein solches im Bereich des Handwerksrechts wegen seiner Natur als besonderes Sicherheitsrecht feststellen.3 Der Streit ist zudem nicht verfassungsrechtlich. Eine abdrängende Sonderzuweisung ist nicht ersichtlich. Der Verwaltungsrechtsweg ist somit gem. § 40 I VwGO eröffnet.

2. Statthaftigkeit

Die statthafte Klageart beurteilt sich nach dem klägerischen Rechtsschutzbegehren, vgl. § 88 VwGO. K begehrt gegen die zuständige Gemeinde die Feststellung, dass er eine minderhandwerkliche Tätigkeit betreibt, sodass seine Tätigkeit nicht i.S.d. §§ 1 II, 6 HandwO in die Handwerksrolle einzutragen ist und eine Untersagung gem. § 16 III HandwO hierauf nicht gestützt werden kann. Einschlägig könnte also die Feststellungsklage gem. § 43 I VwGO sein. Das Begehr des K müsste dafür ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis betreffen. Hierunter fallen alle sich aufgrund eines konkreten Sachverhalts aus öffentlich-rechtlichen Normen ergebenden rechtlichen Beziehungen einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache.4 Die Tatsache der Eintragungspflicht der Tätigkeit des K ist ein solches feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, da sie aus konkreten Tatsachen in Form der Tätigkeit des K und maßgeblich durch die öffentlich-rechtlichen Vorschriften der HandwO bestimmt wird. Das Rechtsverhältnis besteht zwischen K und der G, die für die Untersagung gem. § 16 III HandwO zuständig wäre. Das Rechtsverhältnis ist auch hinreichend individualisiert. Die Feststellungsklage ist grundsätzlich statthaft.

Zu beachten ist aber die Voraussetzung der Subsidiarität gem. § 43 II S. 1 VwGO. Die Feststellungsklage scheidet aus, wenn der Kläger sein Rechtsschutzinteresse mit einer Leistungs- oder Gestaltungsklage durchsetzen kann. Daran fehlt es hier aber. Weder hat K i.R.d. § 16 HandwO einen Anspruch darauf, im Hinblick auf die vermeintlich fehlenden Eintragungsvoraussetzungen auf eine Verpflichtungsklage hin verbeschieden zu werden (sog. Negativattest),5 noch ist ein mit einer Anfechtungs-, also Gestaltungsklage angreifbarer Rechtsakt in der Welt. Auch eine allgemeine Leistungsklage auf Informationserteilung hinsichtlich der Eintragungspflicht reicht nicht weit genug, um dem Rechtsschutzinteresse des K zu entsprechen, weil dieser gerade eine verbindliche Klärung der Rechtslage in Form eines Verwaltungsakts erstrebt. Die statthafte Feststellungsklage ist nicht subsidiär.

Anmerkung: Der vorbeugende Rechtsschutz darf nicht mit dem vorläufigen Rechtsschutz, wie er gemäß §§ 47 VI, 80, 80a, 123 VwGO gewährt wird, verwechselt werden. Während der vorbeugende Rechtsschutz dazu dient, eine gerichtliche Klärung bereits vor der Verletzung subjektiver Rechte abschließend herbeizuführen, hat der vorläufige Rechtsschutz eine andere Zielrichtung.6 Jener soll im Wege besonderer Eilverfahren eine schnelle Klärung ermöglichen, welche aber das Hauptverfahren grundsätzlich nicht vorwegnimmt („Eilrechtsschutz"). Beide Rechtsschutzformen können zusammenfallen.7 Dies ist der Fall, wenn der Rechtsschutzsuchende Eilrechtsschutz, also vorläufigen Rechtsschutz gegen eine noch nicht getroffene, sondern nur drohende Maßnahme erstrebt. Beispiel ist etwa die vorbeugende Unterlassungsklage mit dem Ziel, die Baugenehmigung eines Nachbarn zu verhindern (vorbeugender Rechtsschutz), wobei die Behörde die Genehmigung in wenigen Tagen erteilen und der Bauherr sofort mit dem Bau beginnen will (vorläufiger Rechtsschutz).

3. Feststellungsinteresse

Als besondere Sachentscheidungsvoraussetzung der Feststellungsklage müsste gem. § 43 I VwGO ein Feststellungsinteresse bestehen.

a) Grundsätzliche Bestimmung des Feststellungsinteresses

Hierfür ist grundsätzlich jedes anerkennenswerte Interesse ideeller, wirtschaftlicher oder rechtlicher Art ausreichend.8 Eine Restriktion erfährt das Merkmal jedoch dadurch, dass dieses Interesse nur in bestimmten Fällen derart schutzwürdig ist, dass es gerechtfertigt erscheint, dem Kläger gerichtlichen Rechtschutz in Form einer nicht vollstreckungsfähigen Feststellungsentscheidung zu gewähren. Anerkannte Fälle des derart qualifizierten Rechtsschutzinteresses sind etwa das Bestehen von Wiederholungsgefahr, ein Rehabilitationsinteresse, sich schnell erledigende Grundrechtseingriffe, in Einzelfällen die Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses sowie eine unklare Rechtslage.9

Die Subsumtion dieser Fallgruppen erübrigt sich hier jedoch, wenn das Feststellungsinteresse schon aus einem anderen Grund scheitert.

b) Qualifiziertes Feststellungsinteresse der vorbeugenden Feststellungsklage

Das Feststellunginteresse des K könnte bereits aufgrund der Besonderheiten des vorbeugenden Rechtsschutzes fehlen.

hemmer-Methode: Eine Prüfung dieses Problems im Rahmen des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses wäre ebenso möglich. Das Vorgehen des Gerichts, nämlich die Prüfung beim Feststellungsinteresse, rechtfertigt sich daraus, dass es sich bei dem Merkmal um eine spezifische Ausprägung des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses handelt.

Der vorbeugende Rechtsschutz gegen drohende Verwaltungsakte in Form der vorbeugenden Feststellungsklage ist dabei grundsätzlich unzulässig. Grundsätzlich geht der repressive Rechtsschutz dem präventiven vor, da ansonsten die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage gegen den Eingriffsakt -- insbesondere der Anfechtungsklage -- ausgehöhlt zu werden drohen.10 Ausnahmen hiervon sind jedoch anerkannt, wenn wegen eines besonderen qualifizierten Rechtsschutzbedürfnisses die verfassungsrechtliche Garantie des Art. 19 IV GG dies gebietet.11 Dieses spezielle Rechtsschutzinteresse muss sich gerade auf die Inanspruchnahme des vorbeugenden Rechtsschutzes richten. Voraussetzung hierfür ist die begründete Besorgnis für die Rechtsstellung des Klägers. Ein Abwarten darf diesem nicht zumutbar sein.12

Diese allgemeinen Maßstäbe gelten auch im Rahmen der Eintragungspflicht nach der HandwO.13 Es bedarf konkreter Anhaltspunkte dafür, dass der Bestand des Handwerksbetriebes ernsthaft gefährdet wäre, würde die Nichthandwerksmäßigkeit nicht eindeutig festgestellt.14 Für eine derartige Interessenlage im vorliegenden Fall macht K verschiedene mögliche Beeinträchtigungen geltend.

aa) Potenzielles Untersagungsverfahren der Gemeinde

Zunächst kommt als Anknüpfungspunkt des Feststellungsbegehrens des K die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer hypothetischen Untersagungsverfügung der G gegen K in Betracht. In dieser Hinsicht liefert K jedoch keine ausreichende Begründung der Unzumutbarkeit des Abwartens des tatsächlichen Erlasses der Untersagungsverfügung vor dem Hintergrund des Art. 19 IV GG. Es besteht keinerlei Anlass für die Annahme des K, es drohe ein Untersagungsverfahren, im Gegenteil hat G bereits betont, sie wolle gerade nicht einschreiten. Das qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis für den vorbeugenden Rechtsschutz scheitert damit schon an dieser fehlenden tatsächlichen Grundlage.

Doch selbst wenn eine Untersagungsverfügung konkret bevorstünde, wäre das Ergebnis dasselbe: Die vorbeugende Feststellung der Rechtswidrigkeit einer etwaigen Untersagungsverfügung ist nicht möglich. Hintergrund ist wieder die Systementscheidung der VwGO für den repressiven Rechtsschutz. Mit der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gem. § 80 I VwGO sieht das Verwaltungsprozessrecht ausgehend von dieser Grundentscheidung ausreichende Schutzmechanismen vor. Legt der von der Verfügung Betroffene einen Rechtsbehelf gegen diese ein, wird die Wirksamkeit der Anordnung vorläufig gehemmt.15 Einer Vorverlagerung des Rechtsschutzes bedarf es deshalb vorliegend nicht. Überdies spricht auch § 16 III, IV -- VI HandwO für einen Ausschluss des vorbeugenden Rechtsschutzes. Die Regelungen sehen einen besonderen prozeduralen Interessenausgleich mit der Beteiligung von Handwerks- und Industrie- und Handelskammer vor. Bei Unstimmigkeiten zwischen diesen Kammern ist ein Schlichtungsverfahren vorgesehen. Die Regelung findet ihre Rechtfertigung in seit langem bestehenden kontroversen Abgrenzungsfragen bei der Beurteilung der Eintragungspflicht. Diese prozeduralen Besonderheiten in Form eines konsensualen Interessenausgleichs kann ein verwaltungsgerichtliches Verfahren nicht abbilden. Eine abstrakte Vorbefassung mit diesen Fragen, ohne zuvor die zuständige Behörde zu einer abschließenden Entscheidung kommen zu lassen, ist nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte. Dies gilt vor allem dann, wenn das Verwaltungsverfahren besondere Elemente des Interessenausgleichs vorsieht.

bb) Eventuelle Verfolgung durch die Handwerkskammer

Auch eine Anknüpfung des vorbeugenden Rechtsschutzes des K an eine eventuelle Verfolgung durch die Handwerkskammer begründet das qualifizierte Rechtsschutzbedürfnis nicht. Die Handwerkskammer ist nicht zur Ahndung von aus ihrer Sicht unzulässigen Tätigkeiten befugt.16 I.R.d. Untersagung nach § 16 III HandwO ergibt sich nichts anderes. Die Anhörung der Handwerkskammer dient lediglich der Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage der zuständigen Behörde.17 Diese muss der Ansicht der Handwerkskammer -- ebenso wie der der auch zu hörenden Industrie- und Handelskammer -- nicht folgen. Der Gesetzgeber hat bei der Novellierung des § 16 HandwO vielmehr ausdrücklich klargestellt, dass die Handwerkskammer keinen Anspruch auf Untersagung hat. Somit wären vermeintliche Maßnahmen der Handwerkskammer -- wie sie diese in ihrem Schreiben erwähnt hatte -- jedenfalls nicht geeignet, eine Besorgnis für die Rechtsstellung des K zu begründen. Zudem ist in tatsächlicher Hinsicht zu beachten, dass das kritische Schreiben der Handwerkskammer aus 2010 datiert und bisher keine weiteren Schritte eingeleitet worden sind.

cc) Hypothetisches Ordnungswidrigkeitsverfahren

Schließlich könnte sich K zur Begründung seines Rechtsschutzinteresses auf ein hypothetisches Ordnungswidrigkeitsverfahren nach §§ 117 f. HandwO berufen, welches ihm wegen der vermeintlich fehlenden Eintragung drohen könnte. Doch ist auch dieser Ansatzpunkt nicht geeignet, das qualifizierte Rechtsschutzinteresse des K für eine vorbeugende Feststellungsklage zu stützen. Zunächst richtet sich K mit diesem Begehr gegen die falsche Beklagte. Nicht G, sondern die Kreisverwaltungsbehörde wäre für ein Ordnungswidrigkeitsverfahren zuständig. Außerdem gibt es erneut keine Anhaltspunkte dafür, dass die zuständige Behörde ein solches Verfahren gegenüber K angekündigt hat. Dies ist aber Voraussetzung für den hierauf gestützten vorbeugenden Rechtsschutz.18

Zweifel ergeben sich auch dahingehend, ob neben dem Untersagungsverfahren überhaupt ein Ordnungswidrigkeitsverfahren möglich ist, oder ob ersteres aufgrund seiner prozeduralen Besonderheiten eine vorrangige Zuständigkeit der Untersagungsbehörde, hier der G, begründet.19 Diese kontroverse Frage kann aber ob der anderweitig eindeutigen Untauglichkeit des Aspekts des Ordnungswidrigkeitsverfahrens als Begründung des Rechtsschutzbedürfnisses des K dahinstehen.

Zwischenergebnis: K ist für den vorbeugenden Rechtsschutz nicht rechtschutzbedürftig. Das Feststellungsinteresse für seine Klage fehlt.

II. Ergebnis

Die Klage des K ist unzulässig.

D) Kommentar

(bb). Die dem Fall zugrunde liegende Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz vermag zu überzeugen, wenn man sich die Grundentscheidung des Gesetzgebers für den Vorrang repressiven Rechtsschutzes vergegenwärtigt. Hintergrund hierfür ist der Gewaltenteilungsgrundsatz, Art. 20 III GG. Wäre weitreichender vorbeugender Rechtsschutz möglich, bestünde die Gefahr, dass die Judikative den Handlungsspielraum der Exekutive aushöhlt. Nur wenn eine erhebliche Rechtsbeeinträchtigung in Rede steht, kann vorbeugender gerichtlicher Rechtsschutz daher angezeigt sein. Überdies dient die grundsätzliche Subsidiarität des vorbeugenden Rechtsschutzes der Verfahrensökonomie (Vermeidung überflüssiger Gerichtsverfahren).

E) Zur Vertiefung

  • Zum Feststellungsinteresse

Hemmer/Wüst, Verwaltungsrecht II, Rn. 334 ff.

  • Zum vorbeugenden Rechtsschutz

Hemmer/Wüst, Verwaltungsrecht III, Rn. 265 ff.

F) Wiederholungsfragen

  1. Warum ist die Gewährung des Rechtsschutzes durch vorbeugende

    Feststellungsklagen an enge Voraussetzungen geknüpft?

  2. Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit ausnahmsweise vorbeugender Rechtsschutz gewährt wird?

  1. Zur Rechtswegeröffnung und zu den Abgrenzungstheorien vgl. Sodan/Ziekow, § 40 VwGO, Rn. 266 ff.

  2. Vgl. zu dieser Formel Gärditz, § 40 VwGO, Rn. 37 f.

  3. Vgl. Detterbeck, HandwO, § 1 HandwO, Rn. 12.

  4. Vgl. Kopp/Schenke, § 43 VwGO, Rn. 11.

  5. Außerhalb bestimmter explizit normierter Fälle besteht kein Anspruch auf Erteilung eines Negativattests, vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, § 35 VwVfG, Rn. 83.

  6. Vgl. Gärditz, § 80 VwGO, Rn. 9.

  7. Vgl. Kopp/Schenke, § 80 VwGO, Rn. 2, 121.

  8. Vgl. Posser/Wolf, § 43 VwGO, Rn. 19.

  9. Zum Ganzen Kopp/Schenke, § 43 VwGO, Rn. 23 f.

  10. Vgl. Kopp/Schenke, Vor § 40 VwGO, Rn. 33; vgl. Gärditz, § 123 VwGO, Rn. 98; zu § 16 HandwO vgl. Detterbeck, HandwO, § 16 HandwO, Rn. 35.

  11. Vgl. Kopp/Schenke, Vor § 40 VwGO, Rn. 33.

  12. Vgl. Posser/Wolf, § 43 VwGO, Rn. 27.

  13. Vgl. Honig/Knörr, HandwO, § 16 HandwO, Rn. 32 f.

  14. Vgl. Honig/Knörr, HandwO, § 16 HandwO, Rn. 33.

  15. Im Einzelnen umstritten, vgl. Kopp/Schenke, § 80 VwGO, Rn. 22 ff.

  16. Vgl. BVerwGE 140, 267, 267 ff.; anders noch BayVGH, NJW 1981, 2076, 2076 f.

  17. Vgl. Gesetzesentwurf zur Neuregelung des § 16 HandwO vom 24.06.2003, BT-Drucks. 15/1206, S. 32.

  18. Vgl. BVerwG, NVwZ 2009, 1170, 1171.

  19. Vgl. Honig/Knörr, HandwO, § 16 HandwO, Rn. 16 gehen von einem Wahlrecht aus.