Wahrung der Schriftform bei befristeter Geschäftsraummiete, wenn Übergabetermin unbestimmt ist

BGH, Urteil vom 24.07.2013, XII ZR 104/12, NJW 2013, 3361 ff.

von Life and Law am 01.12.2013

+++ Geschäftsraummiete +++ Befristung auf 10 Jahre +++ Schriftformerfordernis im Hinblick auf Beginn des Mietverhältnisses +++ §§ 578, 550 BGB +++

Sachverhalt (verkürzt und leicht abgewandelt): V vermietete mit schriftlichem Vertrag vom 01.12.2006 Geschäftsräume an M, der die Räume vor deren Bezug umfassend sanieren sollte. Im Mietvertrag war eine Laufzeit von zehn Jahren vereinbart.

§ 4 des Mietvertrages enthält folgende Regelung:

„**1**Das Mietverhältnis und damit die Pflicht zur Zahlung der Miete beginnt mit der Übergabe/Übernahme der Mietsache. **2**Verzögert sich die Übergabe/Übernahme durch Änderungswünsche des Mieters oder durch nicht rechtzeitige Vorlage der für den Mieterausbau erforderlichen Pläne und Unterlagen oder durch nicht rechtzeitige Leistung der Sicherheit, beginnt das Mietverhältnis mit dem Tag, an dem das Objekt ohne diese Änderungswünsche bzw. bei rechtzeitigem Vorliegen der Unterlagen und Pläne bzw. der Bankbürgschaft übergeben worden wäre. **3**Gerät der Mieter mit der Übernahme des Mietobjekts in Verzug, so beginnt das Mietverhältnis mit Eintritt des Annahmeverzugs."

Die Übergabe der Mieträume an M erfolgte dann am 16.10.2007.

Kann M vor dem 16.10.2017 das Mietverhältnis ordentlich kündigen?

A) Sound

Eine Bestimmung in einem Mietvertrag über den Beginn des Mietverhältnisses genügt dann der Schriftform des § 550 BGB, wenn die Kriterien, an die die Vertragsparteien den Vertragsbeginn knüpfen, dessen eindeutige Bestimmung ermöglichen.

B) Problemaufriss

Der Sachverhalt wurde im Vergleich zum Original stark verkürzt und auf das wesentliche Problem reduziert. Im Kern geht es um die Frage, ob das Mietverhältnis ordentlich gekündigt werden kann. Dies wäre dann zu verneinen, wenn die im Mietvertrag vereinbarte Befristung auf zehn Jahre wirksam ist.

Im Fall einer wirksamen Befristung eines Mietvertrags ist das Recht zur ordentlichen Kündigung grds. ausgeschlossen. Dies folgt im Umkehrschluss aus § 542 II BGB. Danach endet ein befristetes Mietverhältnis mit Zeitablauf, wenn es nicht verlängert (§ 542 II Nr. 2 BGB) bzw. außerordentlich gekündigt (§ 542 II Nr. 1 BGB) wird.

Eine ordentliche Kündigung ist daher gerade nicht möglich. Die Vereinbarung einer festen Laufzeit soll daher sicherstellen, dass der Vertrag vor Ende der Laufzeit nicht beendet werden kann, außer es liegt ein wichtiger Grund vor.1

Im Mittelpunkt steht dabei die Vorschrift des § 550 BGB, die für den Abschluss eines befristeten Mietvertrags über Wohnräume die Schriftform vorsieht.

Das Schriftformerfordernis dient vor allem dem Schutz eines späteren Erwerbers, der gem. § 566 BGB (ggf. i.V.m. § 578 BGB) mit dem Eigentumserwerb kraft Gesetzes in das bestehende Mietverhältnis eintritt. Der Erwerber soll als künftiger Vermieter ersehen können, in was für einen Vertrag und vor allem, mit welcher Laufzeit er eintritt. Andererseits soll jedoch auch die Beweisbarkeit langfristiger Abreden zwischen den ursprünglichen Vertragsparteien sichergestellt werden.

Die Bedeutung des § 550 BGB für Wohnraummietverhältnisse ist relativ gering, da gemäß § 575 BGB befristete Mietverträge über Wohnraum (sog. Zeitmietverträge) nur unter strengen Voraussetzungen zulässig sind.2

§ 550 BGB kommt aber über die Verweisungsnorm des § 578 II S. 1 BGB i.V.m. § 578 I BGB auch für die Geschäftsraummiete zur Anwendung.

Anmerkung: Die Systematik des Mietrechts ist eigentlich ganz einfach:

1. In den §§ 535 bis 548 BGB ist der Allgemeine Teil des Mietrechts geregelt. Diese Vorschriften kommen für alle Mietverhältnisse zur Anwendung.

2. In den §§ 549 bis 577a BGB sind die Besonderheiten des Wohnraummietvertrags geregelt.

3. In den §§ 578 ff. BGB sind Besonderheiten bei Mietverträgen über andere Gegenstände als Wohnraum geregelt.

Bei der Grundstücks- und Geschäftsraummiete verweist § 578 BGB auf die Vorschriften zur Wohnraummiete, aber eben nur teilweise. Ein Standardfehler in Mietrechtsklausuren besteht darin, das Schriftformerfordernis des § 568 I BGB auf Geschäftsraum- bzw. Grundstücksmietverhältnisse zu übertragen. Auf § 568 I BGB wird in § 578 BGB gerade nicht verwiesen, sodass die Kündigung solcher Mietverträge formlos wirksam ist, wenn nicht im Mietvertrag eine gewillkürte Schriftform vereinbart wurde.

§ 550 BGB regelt dabei lediglich die Form für die Befristung für eine längere Zeit als ein Jahr.

§ 550 BGB gilt daher nicht, wenn der Mietvertrag für unbestimmte Zeit geschlossen wird, und zwar auch dann nicht, wenn die Parteien davon ausgehen, dass das Mietverhältnis länger als ein Jahr andauern wird. § 550 BGB soll nach h.M. aber auch dann gelten, wenn der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen und dabei eine Kündigungsfrist von einem Jahr vereinbart wird.3

Bei Nichteinhaltung der Schriftform ist die Befristung gem. § 125 S. 1 BGB unwirksam. Obwohl es sich bei der Befristung um einen ganz wesentlichen Vertragsinhalt handelt, führt ein Verstoß gegen die in § 550 BGB geregelte Schriftform in Ausnahme zu § 139 BGB nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrages, sondern nur zur Unwirksamkeit der Befristung. Der Mietvertrag gilt dann gem. § 550 S. 1 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Anmerkung: Im Arbeitsrecht ist die Rechtslage nahezu identisch.

Gem. § 14 IV TzBfG bedarf die Befristung des Arbeitsvertrages der Schriftform. Wurde die Schriftform nicht beachtet, so ist die Befristung gem. § 125 S. 1 BGB formnichtig und der Arbeitsvertrag gilt entgegen § 139 BGB als auf unbestimmte Zeit geschlossen.

Der Vertrag ist daher ordentlich kündbar. Selbst wenn der Mietvertrag zuvor jahrelang anstandslos durchgeführt worden ist, verstößt die ordentliche Kündigung, die wegen der Nichteinhaltung der Schriftform des § 550 BGB möglich ist, grds. nicht gegen Treu und Glauben.4

Gem. § 550 S. 2 BGB ist die Kündigung allerdings frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung der Mietsache zulässig.

Fraglich ist daher, ob der laut Sachverhalt schriftlich abgeschlossene Mietvertrag wirklich dem Schriftformerfordernis genügt, da wegen § 4 letztlich Unklarheiten bzgl. des Übergabezeitpunkts bestehen.

Anmerkung: Im Originalfall hatte M außerordentlich gekündigt, ohne dass ein wichtiger Grund i.S.d. § 543 I BGB vorlag.

Die unwirksame außerordentliche Kündigung des M könnte jedoch gem. § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden.

Zwar kann wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen eine fristlose Kündigung nicht in jedem Falle in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, wenn die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nicht vorliegen.5 Eine Umdeutung ist aber dann zulässig und angebracht, wenn nach dem Willen des Kündigenden das Vertragsverhältnis erkennbar in jedem Falle zum nächstmöglichen Termin beendet werden soll.6 Für eine erfolgreiche Umdeutung gem. § 140 BGB müsste aber eine ordentliche Kündigung überhaupt möglich sein.

C) Lösung

Da zeitbefristete Dauerschuldverhältnisse grds. nur außerordentlich gekündigt werden können (vgl. § 542 II BGB im Umkehrschluss), stellt sich im vorliegenden Fall die entscheidende Frage, ob die Befristung wirksam vereinbart wurde.

I. Vorliegen eines wirksamen Mietvertrags

Zwischen V und M wurde laut Sachverhalt ein Mietvertrag geschlossen.

Dieser Mietvertrag ist unabhängig von der Frage, ob hier die Anforderungen des § 550 BGB gewahrt wurden, wirksam, da die Einhaltung der Schriftform keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Mietvertrag, sondern nur für die vereinbarte Befristung von zehn Jahren ist (vgl. dazu bereits den Problemaufriss).

II. Ausschluss der ordentlichen Kündigung aufgrund Befristung?

M könnte das Mietverhältnis gem. § 580a II BGB spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres kündigen, wenn der Mietvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen worden wäre.

Dies wäre dann der Fall, wenn die Befristung auf zehn Jahre mangels Einhaltung der Schriftform gem. §§ 578 II S. 1, I, 550 BGB unwirksam ist.

Zur Wahrung der Schriftform des § 550 BGB ist grundsätzlich erforderlich, dass sich die wesentlichen Vertragsbedingungen - insbesondere Mietgegenstand, Mietzins sowie Dauer und Parteien des Mietverhältnisses - aus der Vertragsurkunde ergeben.7

1. Dauer des Mietverhältnisses muss bestimmbar sein

Regelungen zur Dauer der Mietzeit wahren nach ständiger Rechtsprechung des BGH dann die Schriftform, wenn sich Beginn und Ende der Mietzeit im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in hinreichend bestimmbarer Weise aus der Vertragsurkunde ergeben.8 Unerheblich ist dabei, ob zwischen den Parteien im weiteren Verlauf Streit über den festgelegten Zeitpunkt des Vertragsbeginns entsteht.

Für die Frage, ob eine Urkunde die Schriftform wahrt oder nicht, ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt ihrer Unterzeichnung abzustellen.

Spätere tatsächliche Geschehnisse können die Wahrung der Form nicht mehr in Frage stellen.9

2. § 4 des Mietvertrags lässt Übergabezeitpunkt offen

Fraglich ist, ob § 4 des Mietvertrags diesen Grund-sätzen standhält.

a) Ansicht der Vorinstanz

Nach Ansicht des OLG Hamm als Vorinstanz war die Form der §§ 578 II S. 1, I, 550 BGB vorliegend nicht gewahrt.10

Zwar bestünden hinsichtlich der Bestimmtheit/Bestimmbarkeit der zum Mietbeginn und damit zur konkreten Vertragsdauer getroffenen Regelung keine Bedenken, wenn sich die Parteien insoweit auf die in § 4 S. 1 des Mietvertrags niedergelegte Vereinbarung beschränkt hätten, wonach das Mietverhältnis mit der Übergabe/Übernahme der Mietsache beginne.

Aus § 4 S. 2 des Mietvertrags ergebe sich jedoch, dass das Mietverhältnis möglicherweise ab dem Zeitpunkt einer fiktiven Übergabe zu laufen beginne. Diese zusätzliche Vereinbarung lasse den Beginn des Mietverhältnisses nicht mehr als bestimmbar erscheinen. Insoweit fehle es hinsichtlich des Vertragsbeginns an einem vereinbarten Sachverhalt, der so genau bestimmt worden sei, dass bei seiner Verwirklichung keine Zweifel blieben.

Insbesondere werde ein Erwerber, der gemäß §§ 578 II S. 1, I, 566 BGB an die Bestimmungen des Mietvertrags gebunden sei, bei dem Versuch, den Tag des Vertragsbeginns festzustellen, möglicherweise vor erhebliche tatsächliche Schwierigkeiten gestellt. Die verbleibende Ungewissheit im Hinblick auf die zeitliche Abweichung des Vertragsbeginns von dem Zeitpunkt der Übergabe des Objekts könne auch nicht als nur unwesentlich bewertet werden. Schließlich stehe einer Berufung des Beklagten auf den Mangel der Schriftform auch nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen.

b) Ansicht des BGH

Der BGH folgt dieser Ansicht nicht. An den Begriff der Bestimmbarkeit dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden.

aa) § 4 S. 1 des MietV genügt den Anforderungen an die Bestimmbarkeit

Für die Bestimmbarkeit des Mietbeginns genügt eine abstrakte Beschreibung, die es ermöglicht, den Mietbeginn zu ermitteln.11

Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass der Sachverhalt, an den die Vertragsparteien den Vertragsbeginn knüpfen, so genau bestimmt wird, dass bei seiner Verwirklichung kein Zweifel am Vertragsbeginn verbleibt. Der BGH hat deshalb in der Vereinbarung, dass das Mietverhältnis „mit der Übergabe der Mieträume" beginnen solle, einen hinreichend bestimmbaren Beginn des Mietverhältnisses gesehen.12

Auch im vorliegenden Fall haben sich die Parteien in § 4 S. 1 des Mietvertrags zunächst darauf geeinigt, dass das Mietverhältnis „mit der Übergabe/Übernahme der Mietsache" beginnen sollte. Auf Grund dieser Beschreibung steht der Beginn des Mietverhältnisses nach erfolgter Übergabe eindeutig fest.

hemmer-Methode: Das Datum des Mietbeginns muss sich aus dem Mietvertrag selbst nicht ergeben. Wäre nämlich das Datum des Mietbeginns bei Vertragsabschluss bereits bekannt, so wäre bereits das Merkmal der „Bestimmtheit" erfüllt.

Die von § 550 BGB lediglich geforderte „Bestimmbarkeit" verlangt demgegenüber ein deutlich geringeres Maß an Genauigkeit. Dafür genügt eine abstrakte Beschreibung, die es ermöglicht, den Mietbeginn zu ermitteln.

bb) § 4 S. 2 und 3 des MietV ändern nichts an der hinreichenden Bestimmbarkeit

Die hinreichende Bestimmbarkeit des Mietbeginns wird auch nicht durch die weiteren Regelungen in § 4 S. 2 und 3 des Mietvertrags in Frage gestellt.

Dort haben die Parteien genaue Regelungen dazu getroffen, unter welchen Voraussetzungen das Mietverhältnis bereits vor der tatsächlichen Übergabe beginnen sollte und den dann maßgeblichen Zeitpunkt für den Beginn des Mietverhältnisses festgelegt. Damit haben die Vertragsparteien das, was sie über den Beginn des Mietverhältnisses vereinbart haben, vollständig und richtig in der Vertragsurkunde niedergelegt.

Der Vertragsbeginn ist dadurch für einen möglichen Erwerber der Mietsache bestimmbar. Er kann aus der Vertragsurkunde erkennen, in welchen Fällen der Mietvertrag bereits vor der tatsächlichen Übergabe beginnen sollte, und es ist für ihn ersichtlich, welcher Zeitpunkt für den Vertragsbeginn an die Stelle der tatsächlichen Übergabe treten sollte. Dies genügt, um das Schriftformerfordernis zu erfüllen. Die Schriftform wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Vereinbarung über den Vertragsbeginn auslegungsbedürftige Begriffe enthält oder die Feststellung, ob die Umstände, an die die Parteien den Vertragsbeginn geknüpft haben, tatsächlich auch eingetreten sind.

Ausreichend ist, dass für einen möglichen Erwerber der Mietsache aus der schriftlich niedergelegten Vereinbarung die für den Vertragsbeginn maßgeblichen Umstände so genau zu entnehmen sind, dass er beim Vermieter oder Mieter entsprechende Nachforschungen anstellen kann.

cc) Ratio des § 550 BGB erfordert keine strengere Auslegung

Auch der Schutzgedanke des § 550 BGB erfordert nicht, dass sich der konkrete Zeitpunkt des Beginns des Mietverhältnisses unmittelbar aus der Vertragsurkunde entnehmen lässt.

Der BGH hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass es zahlreiche Fallgestaltungen gibt, in denen § 550 BGB den Zweck, einem späteren Grundstückserwerber Klarheit über die Bedingungen eines langfristigen Mietvertrags zu verschaffen, in den er kraft Gesetzes eintritt, nicht umfassend gewährleisten kann.13

Dies gilt auch hinsichtlich der für einen Grundstückserwerber als künftigem Vermieter (§ 566 BGB) wichtigen Kenntnis, zu welchem Zeitpunkt ein langfristiges Mietverhältnis beginnt. Wenn die Mietvertragsurkunde etwa eine Verlängerungsoption zu Gunsten des Mieters vorsieht, kann der Grundstückserwerber der Urkunde nicht entnehmen, ob der Mieter diese Option vor dem Eigentumsübergang ausgeübt hat oder nicht, sodass Ungewissheit darüber bestehen kann, ob das Mietverhältnis bald enden oder gegebenenfalls noch jahrelang fortbestehen wird.14

Auch bei einem langfristigen Mietvertrag, der vorsieht, dass er nur bei Eintritt einer künftigen Bedingung wirksam wird, steht der Umstand, dass deren Eintritt aus der Vertragsurkunde selbst nicht ersichtlich ist und der Grundstückserwerber Nachforschungen anstellen muss, um zu erfahren, ob die Bedingung eingetreten ist, der Wahrung der Schriftform nicht entgegen.15

Selbst wenn die Mietvertragsparteien den Mietbeginn an den Zeitpunkt der Übergabe knüpfen, ergibt sich der Mietbeginn nicht aus der Vertragsurkunde selbst. Haben die Parteien ein Übernahmeprotokoll erstellt, aus dem sich der Zeitpunkt der Übergabe ersehen ließe, verlangt das Schriftformerfordernis nach §§ 578 II S. 1, I, 550 BGB nicht, dass dieses Protokoll der Mietvertragsurkunde angeheftet wird. In all diesen Fällen ist der Grundstückserwerber aber durch die aus der Urkunde ersichtlichen Regelungen zum Vertragsbeginn hinreichend gewarnt, sodass es ihm zuzumuten ist, sich gegebenenfalls bei dem Verkäufer oder bei dem Mieter zu erkundigen.

Ergebnis: Aus § 4 S. 1 des Mietvertrags ist für einen möglichen Erwerber des Mietobjekts ersichtlich, dass der Mietbeginn und damit auch das Mietende entweder von der tatsächlichen Übergabe der Mietsache oder davon abhängig ist, ob es zu einer Verzögerung der tatsächlichen Übergabe durch die in der Vereinbarung konkret benannten Umstände gekommen ist.

Er weiß daher, dass das Mietverhältnis nicht bereits zehn Jahre nach Abschluss des Vertrags enden wird, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, über den er sich erst noch auf andere Weise Gewissheit verschaffen muss und regelmäßig auch kann.16

Die hinreichende Bestimmbarkeit des Mietbeginns ist daher zu bejahen, sodass das Schriftformerfordernis der §§ 578 II S. 1, I, 550 BGB gewahrt wurde.

III. Endergebnis

Da die Befristung des Mietvertrags wirksam vereinbart wurde, ist eine vorzeitige Beendigung des Mietvertrags vor dem 16.10.2017 durch ordentliche Kündigung nicht möglich.

D) Kommentar

(mty). Die Entscheidung des BGH überrascht etwas, da der BGH in der Vergangenheit bzgl. der Einhaltung der Schriftform des § 550 BGB sehr streng war.

Im Ergebnis ist die Entscheidung zu begrüßen, da ein Mangel der Schriftform für langfristig planende Vermieter aufgrund des dann möglichen ordentlichen Kündigungsrechts u.U. existenzbedrohend ist, wenn langfristige Bankkredite zur Finanzierung des erworbenen vermieteten Objekts abgeschlossen wurden.

hemmer-Methode: Ob bei einem auflösend bedingten Mietverhältnis eine vorzeitige Kündigung möglich ist, ist nach Ansicht des BGH eine Frage der Auslegung.

Unter einer auflösenden Bedingung geschlossene Pachtverträge sind als unbefristete Verträge zwar grundsätzlich ordentlich kündbar. Die auflösende Bedingung soll nämlich grds. nur den spätestmöglichen Beendigungszeitpunkt bestimmen.

Die Vertragsparteien sind jedoch nicht gehindert, die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung auszuschließen. Dies ist allerdings nur dann zu bejahen, wenn die Parteien mit der auflösenden Bedingung die Beendigung des Nutzungsverhältnisses -- vorbehaltlich des Eintritts außerordentlicher Kündigungsgründe -- abschließend regeln und nicht nur einen Zeitpunkt festlegen wollten, zu dem das Nutzungsverhältnis in jedem Falle -- also unbeschadet der Möglichkeit einer früheren Auflösung -- enden sollte.17

E) Zur Vertiefung

  • Schriftform für Befristung, § 550 BGB

Hemmer/Wüst, Schuldrecht III. Rn. 4 ff.

F) Wiederholungsfragen

  1. Warum sieht § 550 BGB für eine Befristung für eine längere Zeit als ein Jahr die Schriftform vor?
  2. Welche Voraussetzungen müssen zur Wahrung der Schriftform für Beginn und Dauer des Mietvertrags erfüllt sein?

  1. Auch bei befristeten Dauerschuldverhältnissen ist die Vereinbarung eines ordentlichen Kündigungsrechts möglich. Im Arbeitsrecht wird diese Möglichkeit sogar ausdrücklich in § 15 III TzBfG vorgesehen, wobei aus Gründen der Waffengleichheit das Kündigungsrecht nach h.M. dann beiden Parteien zustehen muss.

  2. Hinweis: Das Verbot der Befristung von Wohnraummietverträgen soll verhindern, dass der Kündigungsschutz des Mieters nach § 573 BGB unterlaufen wird. Von größerer Bedeutung ist § 550 BGB bei Mietverhältnissen in Studentenwohnheimen. Gem. § 549 III BGB gilt hier § 575 BGB nicht, sodass hier Befristungen ohne Einschränkung möglich sind.

  3. BGH, NJW 1998, 62

  4. BGH, NJW 2004, 1103 f.

  5. BGH, ZIP 2003, 667, 669

  6. NJW 1981, 976, 977

  7. BGH, NJW 2007, 1817

  8. BGH, NJW 2010, 1518

  9. BGH, NJW 1999, 3257, 3258

  10. OLG Hamm, Urteil v. 13. Juli 2012, Az: I-30 U 171/11.

  11. BGH, NJW 2009, 2195 

  12. BGH, NJW 2006, 139, 140

  13. BGH, NJW 1998, 58, 61

  14. BGH, NJW 2007, 3273 

  15. BGH, NJW 2003, 2158, 2160

  16. BGH, NJW 2007, 3273

  17. Vgl. dazu BGH, Life & Law 9/2009, 583 ff. = NJW-RR 2009, 927 ff.