Nach Umbau eines Altbaus kann kein Schallschutz nach den jetzt gültigen technischen Normen verlangt werden

BGH, Urteil vom 05.06.2013, VIII ZR 287/12; NJW 2013, 2417 ff.

von Life and Law am 01.11.2013

+++ Wohnraummietvertrag +++ Mangel der Mietsache +++ Schallschutz +++ Umbau eines Altbaus +++ §§ 535 I, 536 I BGB +++

Sachverhalt (verkürzt und etwas abgewandelt): M ist seit 1985 Mieter einer Wohnung in einem durch Kriegseinwirkungen während des Zweiten Weltkriegs beschädigten und im Jahr 1952 wieder aufgebauten Haus des V.

Im Jahr 2003 ließ V in der über der Wohnung des M gelegenen 176 m² großen Dachgeschosswohnung Bauarbeiten durchführen, durch die statt dieser einen Wohnung nunmehr zwei Wohnungen entstanden. Hierbei wurde in einer dieser beiden Wohnungen der Estrich im Bereich Bad, Waschküche und Küche auf einer Fläche von insgesamt 21 m² (12 % der gesamten Bodenfläche) entfernt und erneuert. Darunter wurden Schwalbenschwanzplatten in den Boden eingebracht, in deren Profilvertiefungen der Estrich gegossen wurde.

Auf der restlichen Fläche von 155 m² wurde der Estrich lediglich abgeschliffen und verspachtelt, um durch eine Begradigung die Verlegung eines neuen Bodenbelags zu ermöglichen.

Nach den Umbauarbeiten beanstandet M eine unzureichende Schallisolierung seiner Wohnung zu den beiden sanierten Dachgeschosswohnungen.

Ein gerichtliches Sachverständigengutachten ergab, dass die jetzigen Anforderungen an den Schallschutz verfehlt werden, aber die zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes beziehungsweise des Wiederaufbaus im Jahr 1952 geltenden technischen Mindestanforderungen an den Schallschutz eingehalten wurden.

Stehen M gegen V „Minderungsansprüche" zu?

A) Sounds

1. Bei der Beurteilung des Vorliegens eines Mangels der Mietsache ist, wenn Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache fehlen, jedenfalls die Einhaltung der maßgeblichen technischen Normen geschuldet.

2. Dabei ist nach der Verkehrsanschauung grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen.

3. Nimmt der Vermieter bauliche Veränderungen an einem älteren Gebäude vor, so kann der Mieter, sofern nicht etwas anderes vereinbart ist, nur dann erwarten, dass der Tritt- und Luftschallschutz anschließend den höheren Anforderungen der zur Zeit der baulichen Veränderungen geltenden DIN-Normen genügt, wenn die Maßnahmen von der Intensität des Eingriffs in die Gebäudesubstanz her mit einem Neubau oder einer grundlegenden Veränderung des Gebäudes vergleichbar sind.

B) Problemaufriss

Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren (§ 535 I S. 1 BGB) und diesem die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen (§ 535 I S. 2 Alt. 1 BGB). Dieser (ursprüngliche) Erfüllungsanspruch steht im Synallagma zur Mietzahlungspflicht des Mieters.

Nach § 535 I S. 2 Alt. 2 BGB ist der Vermieter außerdem verpflichtet, die Mietsache während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten.

Aus der Instandhaltungspflicht folgt zugleich, dass der Vermieter während der gesamten Mietzeit zur rechts- und sachmangelfreien Leistung verpflichtet ist. Ansonsten ist die Mietsache nämlich nicht zum Gebrauch geeignet.

Der Vermieter muss daher alle Mängel der Mietsache beseitigen, die den vertragsmäßigen Gebrauch einschränken.

Anmerkung: Auch diese sog. Erhaltungspflicht, die man in der Diktion des Kauf- und Werkvertragsrechts Nacherfüllung nennen würde, ist eine synallagmatische Hauptleistungspflicht des Vermieters, sodass dem Mieter bei Nichterfüllung neben den Mängelrechten als „Druckmittel" für die Mängelbeseitigung die Einrede des nichterfüllten Vertrages zusteht, §§ 320 I, 322 BGB.

Mangels einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung wird der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand im Sinne des § 535 I S. 2 BGB durch den vereinbarten Nutzungszweck bestimmt. Der Mieter einer Wohnung kann nach der allgemeinen Verkehrsanschauung erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der der üblichen Ausstattung vergleichbarer Wohnungen entspricht. Hierbei sind insbesondere das Alter, die Ausstattung und die Art des Gebäudes, aber auch die Höhe des Mietzinses und eine eventuelle Ortssitte zu berücksichtigen.

Der zum vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand der Wohnung muss auch bei der Anmietung einer Wohnung in einem Altbau einem Mindeststandard genügen, der ein zeitgemäßes Wohnen ermöglicht und alle mit der Haushaltsführung üblicherweise verbundenen Tätigkeiten unter Einsatz technischer Hilfsmittel erlaubt. Auch wenn der Vermieter zu einer allgemeinen Modernisierung der Wohnung auf den jeweils neuesten technischen Standard nicht verpflichtet ist, kann der Mieter angesichts des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts grundsätzlich erwarten, dass der vertragsgemäße Gebrauch einer Wohnung jedenfalls eine solche Lebensweise zulässt, die seit Jahrzehnten üblich ist und dem allgemeinen Lebensstandard entspricht.

Hierzu gehört zum Beispiel die Bereitstellung einer Stromversorgung, die einen Betrieb der gewöhnlichen Haushaltsgeräte ermöglicht. Eine derartige Ausstattung einer Wohnung wird unabhängig vom Baualter des Gebäudes oder einer Modernisierung der Wohnung allgemein erwartet.

Anmerkung: Nach der Verkehrsanschauung umfasst mangels abweichender Vereinbarung der vertragsgemäße Gebrauch einer Wohnung, dass zumindest ein größeres Haushaltsgerät wie Waschmaschine oder Geschirrspülmaschine und gleichzeitig weitere haushaltsübliche Elektrogeräte wie etwa ein Staubsauger in der Wohnung benutzt werden können.

Zu einer zeitgemäßen Wohnnutzung gehört außerdem, dass das Badezimmer über eine Stromversorgung verfügt, die nicht nur eine Beleuchtung, sondern auch den Betrieb von kleineren elektrischen Geräten über eine Steckdose ermöglicht.1

Der vorliegende Fall befasst sich mit den Anforderungen, die an den Schallschutz einer Wohnung in einem Altbau zu stellen sind.

Bei einem nicht modernisierten Altbau kann ein Mieter nicht erwarten, dass der Schallschutz in der Wohnung den bei Vertragsschluss geltenden Maßstäben in sanierten Altbauten oder in Neubauten entspricht.

Die entscheidende Frage des vorliegenden Falles ist aber, ob sich bei Umbauarbeiten in einem Altbau die sich an den Schallschutz stellenden technischen Anforderungen an den Mindestanforderungen zur Zeit des Umbaus orientieren, oder ob auch bei einem Umbau die zur Zeit der Errichtung des Gebäudes geltenden Mindestanforderungen maßgeblich sind.

C) Lösung

Zu prüfen sind „Minderungsansprüche" des M, weil die gegenwärtigen technischen Mindestanforderungen an den Schallschutz nicht eingehalten sind.

I. Minderungsansprüche des M gem. § 536 I BGB i.V.m. § 812 I S. 1 Alt. 1 BGB

Gemäß § 536 I BGB ist die vereinbarte Miete gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder (erheblich) mindert, oder ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht.

Minderung, § 536 BGB

1. Vorliegen eines Mietvertrags

2. Erheblicher Mangel (§ 536 I S. 1 u. 3 BGB) oder Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft (§ 536 II, I S. 1 BGB)

3. Kein Anspruchsausschluss

Anders als im Kauf- und Werkvertragsrecht ist die Minderung im Mietrecht also kein Gestaltungsrecht (§§ 437 Nr. 2, 441 BGB), sondern tritt ipso jure (kraft Gesetzes) ein.

hemmer-Methode: Hat der Mieter die volle Miete entrichtet, obwohl diese kraft Gesetzes gemindert war, steht ihm ein Anspruch gegen den Vermieter aus § 812 I S. 1 Alt. 1 BGB bzw. - wenn die Miete zu Beginn des Monats gezahlt wurde und erst während dieses Monats der Mangel eintritt - aus § 812 I S. 2 Alt. 1 BGB zu.

Erklärt der Mieter gegenüber dem Vermieter, der nach § 535 II BGB die Miete geltend macht, dass er „mindere", so ist dies juristisch nicht korrekt und bedarf der Auslegung. Da im Fall eines Mangels die Miete bereits kraft Gesetzes gemindert ist, steht dem Mieter gegen die Mietforderung des Vermieters ein aufrechenbarer Gegenanspruch aus § 812 I S. 1 Alt. 1 BGB zu.

Die Erklärung des Mieters, er werde „die Miete mindern", ist daher gem. § 133 BGB i.V.m. § 157 BGB analog2 als Aufrechnungserklärung auszulegen.

1. Vorliegen eines wirksamen Mietvertrags zwischen V und M

V und M haben einen Mietvertrag abgeschlossen. Mangels anderweitiger Sachverhaltsangaben ist von dessen Wirksamkeit auszugehen.

2. Vorliegen eines Mangels

Nach § 536 I S. 1 BGB führt ein Mangel der Mietsache, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert, zur Befreiung von der Miete bzw. zu deren Herabsetzung.

a) Definition Mangel der Mietsache

Unter einem Mangel im Sinne von § 536 I S. 1 BGB ist die für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache von dem vertraglich geschuldeten Zustand zu verstehen.3 Zu dem vertraglich vereinbarten Zustand der Mietsache gehören über deren physische Beschaffenheit hinaus auch die tatsächlichen Zustände und rechtlichen Verhältnisse, die mit der Mietsache zusammenhängen und ihre Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigen.

Maßgeblich sind daher die Vereinbarungen der Parteien und nicht in erster Linie die Einhaltung bestimmter technischer Normen. Fehlen jedoch wie hier Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache, so ist jedenfalls die Einhaltung der maßgeblichen technischen Normen geschuldet.

b) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Einhaltung technischer Normen ist die Errichtung des Gebäudes

Nach Ansicht des BGH ist für die Einhaltung der maßgeblichen technischen Normen grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen.4 Da das Gebäude, in dem sich die Wohnung des Klägers befindet, im Jahr 1952 nach vorheriger Kriegsbeschädigung wiederaufgebaut wurde, kommt es hier auf den zu diesem Zeitpunkt geltenden Maßstab an.

Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens werden die zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes beziehungsweise des Wiederaufbaus im Jahr 1952 geltenden technischen Mindestanforderungen an den Schallschutz eingehalten.

Danach wäre die Wohnung mangelfrei, sodass eine „Minderung" der Miete ausscheiden würde.

c) Anderes Ergebnis wegen des Umbaus?

Fraglich ist jedoch, ob wegen der im Jahr 2003 durchgeführten Baumaßnahmen in dem über der Wohnung des M gelegenen Wohngeschoss sich der Luft- und Trittschallschutz insoweit nunmehr nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden technischen Normen zu richten hat.

Wäre dies der Fall, so läge ein Mangel vor, da die jetzigen Anforderungen an den Schallschutz nicht erfüllt sind.

aa) Meinungsstand zu technischen Anforderungen nach einem Umbau

Welche technischen Anforderungen an eine Mietsache nach einem Umbau gestellt werden, wird in der Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt.

(1) Rechtslage bei Nutzungsänderung

Wenn der Vermieter selbst bauliche Veränderungen in einem älteren Gebäude vornimmt, die (im Zusammenhang mit einer damit einhergehenden Nutzungsänderung) zu Lärmimmissionen führen können, darf der Mieter nach Ansicht des BGH erwarten, dass Lärmschutzmaßnahmen getroffen werden, die den Anforderungen der zur Zeit des Umbaus geltenden DIN-Normen genügen.

Dies hat der BGH in einem Fall entschieden, in dem das über der Wohnung des Mieters gelegene Dachgeschoss zunächst nur als Abstellraum gedient hatte und während der Mietzeit von dem Vermieter erstmals als Wohnung ausgebaut und genutzt wurde, womit eine erhebliche Änderung der Nutzungsgewohnheiten einherging.5

(2) Rechtslage bei bloßem Austausch des Bodenbelags

In Abgrenzung hierzu hat der BGH entschieden, dass der Mieter bei einem bloßen Austausch des Fußbodenbelags in der Oberwohnung - ohne Veränderung des darunter liegenden Estrichs und der Geschossdecke - nicht erwarten kann, dass die Maßnahme so durchgeführt wird, dass der Trittschallschutz anschließend den höheren Anforderungen der zur Zeit des Austauschs geltenden DIN-Normen genügt.6

Denn diese Maßnahme ist von der Intensität des Eingriffs in die Gebäudesubstanz her -anders als der erstmalige Ausbau eines Dachgeschosses für eine Wohnnutzung - mit einem Neubau oder einer grundlegenden Veränderung des Gebäudes nicht vergleichbar; sie hat vielmehr keine nachhaltige Auswirkung auf die Gebäudesubstanz.

(3) Rechtslage bei Umbaumaßnahmen

Wenn der Vermieter bauliche Veränderungen in einem älteren Gebäude vornimmt, finden nach Ansicht des BGH nur dann die zur Zeit der Durchführung dieser Maßnahmen geltenden, den Tritt- und Luftschallschutz betreffenden DIN-Normen und nicht die bei Errichtung des Gebäudes geltenden Maßstäbe Anwendung, wenn die Maßnahmen von der Intensität des Eingriffs in die Gebäudesubstanz her mit einem Neubau oder einer grundlegenden Veränderung des Gebäudes vergleichbar sind.

Für Maßnahmen, die diese Schwelle nicht erreichen, bleibt es hingegen bei dem Grundsatz der Anwendung der bei Errichtung des Gebäudes geltenden Maßstäbe.

Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass etwa auch erforderliche Erhaltungsmaßnahmen und Modernisierungsmaßnahmen seitens des Vermieters unterbleiben könnten, um die mit einer Anpassung der Mietsache an die zur Zeit der baulichen Veränderung geltenden DIN-Normen verbundenen Kosten zu vermeiden.

bb) Übertragung der Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall

Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass M keinen Anspruch darauf hat, dass nach der Umbaumaßnahme der Schallschutz den zur Zeit der Durchführung dieser Maßnahmen geltenden DIN-Normen entspricht.

(1) Begradigung des Estrichs ist keine gravierende Umbaumaßnahme

Eine Begradigung oder ein Ausgleich des Estrichs, um hierauf einen neuen Fußbodenbelag aufbringen zu können, kann nach dem Gewicht des Eingriffs in die Gebäudesubstanz nicht als derartig gravierend angesehen werden, dass hiermit eine Änderung der maßgeblichen Schallschutzmindestanforderungen einhergeht.

Laut Sachverhalt sind solche Arbeiten in dem über der Wohnung des M gelegenen Wohngeschoss auf insgesamt 155 m² der bearbeiteten Bodenfläche von 176 m² vorgenommen worden.

Lediglich auf einer Fläche von 21 m² erfolgten eine Entfernung und eine

  • mit der Einbringung sog. Schwalbenschwanzplatten verbundene - Erneuerung des Estrichs.

Diese Arbeiten stellen keinen mit einem Neubau oder einer grundlegenden Veränderung des Gebäudes vergleichbaren Eingriff in die Gebäudesubstanz dar.

Es ist daher nicht erforderlich, den Tritt- und Luftschallschutz der Geschossdecke insgesamt durch Lärmschutzmaßnahmen den Anforderungen der zur Zeit des Umbaus geltenden DIN-Normen anzupassen.

Eine andere Ansicht liefe im vorliegenden Fall im Ergebnis auf eine Modernisierungspflicht des Vermieters hinsichtlich der Geschossdecke hinaus. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Vermieter jedoch - sofern die Parteien keine abweichende Vereinbarung getroffen haben - grundsätzlich nicht zu baulichen Veränderungen zwecks Modernisierung der Wohnung verpflichtet.7

(2) Aufteilung in zwei Wohnungen macht Maßnahme nicht erheblicher

Dass die ehemalige Dachgeschosswohnung in zwei Wohnungen aufgeteilt wurde, macht die Umbaumaßnahme auch nicht erheblicher.

Im Zusammenhang mit der Aufteilung der Dachgeschosswohnung in zwei Wohnungen müssen zwar Wände entfernt bzw. neue Wände eingezogen werden, was einen Eingriff (auch) in die Deckenkonstruktion darstellt. Auch muss ein neuer Küchenbereich und ein weiteres Bad geschaffen sowie Wasser- und Gasleitungen neu verlegt werden.

Dies ändert an der oben dargestellten Beurteilung nichts. Hierin liegt noch kein mit einem Neubau oder einer grundlegenden Veränderung des Gebäudes vergleichbarer Eingriff in die Gebäudesubstanz.

II. Ergebnis

Da die Modernisierungsmaßnahmen des V von der Intensität des Eingriffs in die Gebäudesubstanz her weder mit einem Neubau oder einer grundlegenden Veränderung des Gebäudes vergleichbar waren noch eine Nutzungsänderung erfolgte, durch welche die Lärmemissionen zunahmen, war hinsichtlich des Schallschutzes der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen.

Daher ist die Wohnung nicht mangelhaft, sodass die Miete nicht gem. § 536 I BGB gemindert ist.

D) Kommentar

(mty). Diese für die Praxis sehr wichtige Entscheidung wird Vermieter erleichtern.

Es entspricht dem allgemeinen Gerechtigkeitsempfinden, dass ein Vermieter, der sich zu einer Modernisierung eines Altbaus entschließt, nicht dafür auch noch mit „Minderungsansprüchen" von Mietern bestraft werden soll, die vor der Modernisierung nicht bestanden.

Hätte der BGH anders entschieden, würde ein verständiger Vermieter von einer solchen Maßnahme u.U. sogar absehen.

Der Mieter ist auch nicht schutzwürdig, da die Dachgeschosswohnung vor und nach der Renovierung als Wohnung genutzt wurde und sich dadurch für M rein gar nichts geändert hat.

Wäre das Dachgeschoss hingegen bislang ein Speicherraum gewesen, würde bei einer Nutzung als Wohnraum nach der Umbaumaßnahme eine erhöhte Lärmbelastung erfolgen. In diesem Fall schützt die Rechtsprechung des BGH den Mieter, da in diesem Fall für den Schallschutz die strengeren DIN-Normen zur Zeit der Umbaumaßnahme herangezogen werden, vgl. dazu in der Lösung I. 2. C) aa) (1).

Im Examen wird von Ihnen lediglich erwartet, dass Sie bei Ihrer Lösung das aufgeworfene Problem erkennen und die im Sachverhalt angegebenen Informationen bei Ihrer Argumentation aufgreifen. Das Ergebnis interessiert den Korrektor nicht.

E) Zur Vertiefung

  • Mietrechtliches Mängelrecht

Hemmer/Wüst, Schuldrecht III, Rn. 18 ff.

  • Modernisierungsmaßnahmen nach dem Mietrechtsänderungsgesetz

Tyroller, Life and Law 6/2013, 456 ff.

F) Wiederholungsfragen

  1. Was darf ein Mieter einer Wohnung in einem Altbau erwarten?
  2. Welche technischen Anforderungen müssen bei einem Altbau erfüllt werden?

  1. BGH, NJW 2004, 3174 ff.

  2. § 157 BGB regelt die Auslegung von Verträgen. Auf einseitige Rechtsgeschäfte wird § 157 BGB analog angewendet, sofern dieses aus einer empfangsbedürftigen Willenserklärung besteht, Palandt, § 157 BGB, Rn. 1.

  3. BGH, NJW 2006, 899, 900 BGH, NJW 2000, 1714, 1715

  4. BGH, NJW 2005, 218 BGH, NJW 2009, 2441 ff. BGH, NJW 2010, 3088 ff. BGH, NJW 2012, 2725 ff. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 10. Auflage, § 536 BGB Rn. 20, 241; MüKo, 6. Auflage, § 536 BGB, Rn. 6.

  5. BGH, NJW 2005, 218

  6. BGH, NJW 2009, 2441 ff. BGH, NJW 2012, 2725 ff.

  7. NJW-RR 2012, 262 ff.