Jetzt wird´s mir aber zu bunt!

BGH, Urteil vom 06.11.2013, VIII ZR 416/12, NJW 2014, 143 ff.

von Life and Law am 01.02.2014

+++ Mietvertrag +++ Rückgabepflicht in neutraler Dekoration +++ Anspruch auf Schadensersatz wegen Schutzpflichtverletzung +++ §§ 535, 280 I, 241 II BGB +++

Sachverhalt: M war von Anfang 2007 bis Juli 2009 Mieter einer Doppelhaushälfte des V.

M hatte das Objekt in weißer Farbe frisch renoviert übernommen, strich danach einzelne Wände des Mietobjekts in kräftigen Farben (rot, gelb, blau) an und gab es in diesem Zustand bei Mietende zurück.

Da sich die Nachmieter weigerten, eine bunte Wohnung zu beziehen, musste V die farbig gestalteten Wände zunächst mit Haftgrund und dann alle Wand- und Deckenflächen zweimal mit Wandfarbe überstreichen.

V verlangt nun von M als Schadensersatz einen -- rechnerisch richtig ermittelten -- Betrag von 3.000,- €. M meint, dass er laut Vertrag nicht die Vornahme von Schönheitsreparaturen schulde.

Kann V von M Schadensersatz verlangen?

A) Sound

Der Mieter ist gemäß §§ 280 I, 535, 241 II BGB zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er eine in neutraler Dekoration übernommene Wohnung bei Mietende in einem ausgefallenen farblichen Zustand zurückgibt, der von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert wird.

B) Problemaufriss

Nach Beendigung des Mietverhältnisses hat der Mieter gem. § 546 I BGB die Pflicht, die Miet-sache zurückzugeben.

Dazu muss dem Vermieter der unmittelbare Besitz eingeräumt werden. Dies gilt sogar, wenn der Mieter weder mittelbaren noch unmittelbaren Besitz hatte. Die Mietsache muss sich bei Rückgabe in einem ordnungsgemäßen Zustand befinden, d.h. sie darf nicht schlechter sein, als durch den vertragsgemäßen Gebrauch abgenutzt. Dies folgt aus § 538 BGB.

Danach ist der Mieter auch verpflichtet, alles zu entfernen, was er in die Wohnung eingebracht hat, und alle Einrichtungen wegzunehmen, mit denen er die Mietsache versehen hat. Dies gilt auch, wenn die Einrichtung mit Zustimmung des Vermieters erfolgte.1

Bei Verletzung der Rückgabepflicht hat der Vermieter zunächst den einklagbaren Erfüllungsanspruch.

Er kann Rückgabe der Mietsache und Entfernung aller Einrichtungen verlangen.

Darüber hinaus hat er für die tatsächliche Dauer der Vorenthaltung der Mietsache einen vom Verschulden des Mieters unabhängigen Entschädigungsanspruch in Höhe der vereinbarten Miete, § 546a I Alt. 1 BGB, wobei für die Wohnraummiete die Einschränkungen des § 571 BGB zu beachten sind.

hemmer-Methode: Hier besteht ein Konkurrenzverhältnis zu den §§ 987 ff. BGB, das äußerst umstritten ist. Sehr gut vertretbar erscheint es, die §§ 987 ff. BGB mit dem Argument auszuschließen, § 546a BGB sei eine auf dem Vertragsverhältnis beruhende Sonderregelung, soweit es um die verspätete Rückgabe der Mietsache geht. Dieses Argument wird noch durch § 571 III BGB untermauert, der sinnlos wäre, wenn neben § 546a BGB noch EBV-Ansprüche bestehen könnten.2

Eine äußerst effektive, vom BGH akzeptierte Möglichkeit der Selbsthilfe des Vermieters besteht darin, dass dieser dem Mieter einfach „den Saft abdreht". Nach Beendigung des Mietverhältnisses ist der Vermieter gegenüber dem die Mieträume weiter nutzenden Mieter zur Gebrauchsüberlassung nicht mehr verpflichtet.

Damit entfällt nach Ansicht des BGH auch die Pflicht, vertraglich übernommene Versorgungsleistungen fortzusetzen. Die Einstellung oder Unterbrechung der Versorgung mit Heizenergie durch den Vermieter ist auch keine Besitzstörung gem. §§ 858, 862 BGB hinsichtlich der Mieträume, sodass der „frierende" Mieter gegen den Vermieter keinerlei Ansprüche geltend machen kann.3

Im vorliegenden Fall geht es um die Frage, ob der Mieter seine Rückgabepflicht erfüllt hat, wenn er bei Beendigung des Mietverhältnisses die in bunten Farben gestrichene Wohnung zurückgibt, die ihm frisch renoviert und weiß gestrichen überlassen worden war.

Diese Frage hat der BGH zwar bejaht. Dennoch hat der BGH den Mieter zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt, weil M eine Schutzpflicht gem. § 241 II BGB verletzt habe.

Doch jetzt der Reihe nach.

C) Lösung

Zu prüfen ist, ob V gegen M ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht.

I. Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 280 I, 535, 241 II BGB

M wäre gemäß §§ 280 I, 241 II BGB zum Schadensersatz verpflichtet, wenn die Rückgabe einer in neutraler Dekoration übernommenen Wohnung mit einem farbigen Anstrich eine von M zu vertretende Pflichtverletzung im Rahmen eines Schuldverhältnisses darstellen würde.

1. Schuldverhältnis

V und M haben einen wirksamen Wohnraummietvertrag geschlossen, § 535 BGB.

Ein Schuldverhältnis lag damit vor.

2. Pflichtverletzung, § 241 II BGB

Fraglich ist, ob eine ungewöhnliche Farbwahl bei der Dekoration einzelner Räume eine Pflichtverletzung des Mieters darstellt.

a) Keine Verletzung der Rückgabepflicht gem. § 546 I BGB

Nach Ansicht des BGH liegt in der Rückgabe einer bunt dekorierten Wohnung keine Verletzung der Rückgabepflicht aus § 546 I BGB.

Diese Vorschrift enthält nach Auffassung des BGH keine Regelung darüber, in welchem Zustand die Wohnung zurückzugeben ist, da der Zustand der Wohnung für die Rückgabe selbst ohne Bedeutung ist.

Nach der vom Gesetz getroffenen Regelung kann der Vermieter wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache zwar Schadensersatz verlangen, nicht aber die Rücknahme der Mietsache ablehnen.4

Anmerkung: Eine andere Ansicht ist hier sehr gut vertretbar. Im Wort Rückgabe kommt nämlich - anders als bei der Herausgabe -- zum Ausdruck, dass die Mietsache im vertragsgemäßen ursprünglichen Zustand **zurück**gegeben werden muss. Wie im Problemaufriss bereits erläutert, muss der Mieter auch evtl. Einrichtungen wieder entfernen; anderenfalls liegt eine unvollständige Teilräumung vor. Das Wegnahmerecht des Mieters gem. § 539 II BGB ist daher in Wahrheit eine Wegnahmepflicht, wenn dies der Vermieter möchte.

Dem Vermieter steht bei § 546 I BGB daher ein verschuldensunabhängiger Erfüllungsanspruch auf Wiederherstellung des vorherigen Zustandes zu. Daher wäre es vertretbar, eine Verletzung der Rückgabepflicht zu bejahen, wenn der Mieter verpflichtet gewesen wäre, die bunte Dekoration der Wohnung wieder zu beseitigen.

b) Aber: Verletzung der Rücksichtnahmepflicht gem. § 241 II BGB

Die Rückgabe eines Mietobjekts in einem Zustand, der beim Vermieter zusätzliche Kosten für die dekorative Herrichtung auslöst, stellt aber eine Vertragsverletzung im Sinne des § 241 II BGB dar, wenn es der Zustand der Wohnung nicht ermöglicht, allein mit den üblichen Vorarbeiten die Dekoration zu erneuern.5

In diesem Fall versucht der Mieter, die zusätzlichen Kosten, die aus der Selbstverwirklichung durch Farbwahl und sonstige Gestaltung stammten, auf den Vertragspartner abzuwälzen.

c) Recht zur freien Farbwahl während des Mietverhältnisses ändert nichts an Pflichtverletzung

Hiergegen wird teilweise eingewandt, dass das, was während der Mietzeit erlaubt sei, bei Ende des Mietverhältnisses nicht zu einer Vertragsverletzung werden könne.6

Zutreffend ist insoweit zwar, dass der Mieter Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache dann nicht nach § 538 BGB zu vertreten hat, wenn sie durch einen vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden,7 und dass die farbliche Gestaltung der Mieträume während der Dauer des Mietverhältnisses dem Mieter überlassen ist, somit zum vertragsgemäßen Gebrauch einer angemieteten Wohnung gehört.8

Der Mieter verletzt jedoch seine Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 II BGB, wenn er die in neutraler Dekoration übernommene Wohnung bei Mietende in einem Zustand zurückgibt, der von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert wird. Der Schadenersatzanspruch des Vermieters beruht in diesem Fall auf §§ 280 I, 535, 241 II BGB i.V.m. § 242 BGB.

Der Schaden des Vermieters besteht darin, dass er die für breite Mieterkreise nicht akzeptable Art der Dekoration beseitigen muss.

Vermieter und Mieter müssen bei der Gebrauchsüberlassung beziehungsweise Nutzung der Wohnung auf die Interessen des jeweils anderen Vertragspartners Rücksicht nehmen (§§ 241 II, 242 BGB).

So hat der Mieter das berechtigte Interesse, die Wohnung während der Mietzeit nach seinem persönlichen Geschmack zu dekorieren, während das berechtigte Interesse des Vermieters dahin geht, die Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses in einem Dekorationszustand zurückzuerhalten, der dem Geschmack eines größeren Interessentenkreises entspricht und somit einer baldigen Weitervermietung nicht entgegensteht.9

d) Fehlende Pflicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen lässt Pflichtverletzung nicht entfallen

Das berechtigte Interesse des Vermieters, die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses mit einer Dekoration zurückzuerhalten, die von möglichst vielen Mietinteressenten akzeptiert wird, ist auch dann ohne Einschränkung zu bejahen, wenn der Mieter die Wohnung vor der Rückgabe in ungewöhnlichen Farben frisch renoviert hat.

Mit der Durchführung der Schönheitsreparaturen hat diese Frage also nichts zu tun.

Der Umstand, dass M laut Vertrag nicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet war, lässt die Pflichtverletzung des M daher nicht entfallen.

Unabhängig davon, ob M zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet ist, stellt es daher eine Vertragsverletzung dar, wenn der Mieter das Mietobjekt in einem farblichen Zustand zurückgebe, welcher die Grenzen des normalen Geschmacks überschreitet.

Zwischenergebnis: Die Rückgabe der „bunten Wohnung" stellte daher eine Vertragsverletzung im Sinne des § 241 II BGB dar.

3. Keine Widerlegung des vermuteten Vertretenmüssens, § 280 I S. 2 BGB

Das Vertretenmüssen dieser Pflichtverletzung durch M wird gem. § 280 I S. 2 BGB grds. widerlegbar vermutet.

Eine Exkulpation könnte M nur damit zu begründen versuchen, dass er nicht gewusst hat, dass die Rückgabe der „bunten „Wohnung" eine Pflichtverletzung darstellt.

Dieser Rechtsirrtum wäre aber bei Einholung einer juristischen Auskunft vermeidbar gewesen, sodass die Exkulpation nicht gelingt.

4. Kausaler Schaden

Die Kosten für die Renovierung der Wohnung können von V aber nicht in voller Höhe geltend gemacht werden.

V hatte laut Vertrag bei Beendigung des Mietverhältnisses mangels wirksamer Vereinbarung der Parteien keinen Anspruch gegen M auf Durchführung der Schönheitsreparaturen.

Der Schaden besteht daher lediglich darin, dass die Beseitigung der farblichen Gestaltung einen zusätzlichen Aufwand (Vorstreichen mit Haftgrund, zweimaliges Streichen) erfordert hat.

Laut Sachverhalt wurde dieser rechnerisch richtig mit 3.000,- € ermittelt.

Anmerkung: Bei der Berechnung des Schadens ist von den tatsächlich angefallenen Malerkosten also ein Abzug „neu für alt" vorzunehmen.

Anderenfalls würde V durch die Zahlung des Schadensersatzes im Ergebnis eine vollständig renovierte Wohnung zurückerhalten würde, obwohl er keinen Anspruch gegen M auf Durchführung der Schönheitsreparaturen oder auf Zahlung eines anteiligen Betrages hierfür gehabt hat.

II. Endergebnis

V kann von M daher Schadensersatz wegen des erhöhten Renovierungsaufwandes fordern.

D) Kommentar

(mty). Das Ergebnis des BGH überzeugt. Die Ablehnung der Pflichtverletzung zur ordnungsgemäßen Rückgabe hingegen nicht. Der Umweg über § 241 II BGB wäre eigentlich überflüssig gewesen.

Die eigentliche Quintessenz dieser Entscheidung, die über diesen Einzelfall hinausgeht, lautet daher wie folgt: Gibt der Mieter die Wohnung in beschädigtem Zustand zurück, so hat er seine Rückgabepflicht erfüllt, aber eine Schutzpflicht verletzt, § 241 II BGB. In dieser Konsequenz beruht der Schadensersatzanspruch auf § 280 I BGB und setzt daher nicht voraus, dass der Vermieter dem Mieter zuvor eine angemessene Frist zur ordnungsgemäßen Rückgabe setzt. Es liegt folglich ein Fall des einfachen Schadensersatzes vor und kein Fall der §§ 280 I, III, 281 BGB.

Wenn der Mieter aber seine Pflicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verletzt, so soll dem Vermieter lediglich unter den Voraussetzungen der §§ 280 I, III, 281 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz zustehen. Stimmig und konsequent ist dies alles nicht. Es scheint fast so, als ob das modernisierte Schuldrecht im Mietrecht immer noch nicht ganz angekommen ist.

Da der BGH aber bei den Schönheitsreparaturen einen Leistungsanspruch bejaht, im vorliegenden Fall einen Leistungsanspruch hingegen verneint hat, sondern von einer Schutzpflichtverletzung gem. § 241 II BGB ausgegangen ist, ist die Lösung wenigstens konsequent.

E) hemmer-background

Anlässlich dieser Entscheidung soll im folgenden hemmer-background die Rechtsprechung des BGH zur Zulässigkeit der Abwälzung der Pflicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter zusammengefasst werden.

Schönheitsreparaturen

Bei den Schönheitsreparaturen handelt es sich um Maßnahmen, welche die Spuren des vertragsgemäßen Gebrauchs beseitigen, für welche der Mieter gem. § 538 BGB nicht haftet.

Insoweit kann auf § 28 IV S. 3 der Zweiten Berechnungsverordnung (BV) für das Verständnis des Begriffs „Schönheitsreparaturen" zurückgegriffen werden.

Schönheitsreparaturen umfassen danach nur das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich Heizrohren, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen. Unter Schönheitsreparaturen werden daher in erster Linie Malerarbeiten verstanden, die „mit etwas Farbe und Gips" erledigt werden können.

Soweit nach § 28 IV S. 3 der Zweiten BV die Böden zu streichen sind, geht die Vorschrift von den kaum noch vorhandenen gestrichenen Holzdielenböden aus. Da die Schönheitsreparaturen aber auch den Bodenbelag in einen ansehnlichen Zustand versetzen sollen, muss der redliche Mieter davon ausgehen, dass er an Stelle des Streichens die Maßnahme ergreifen muss, die für den vorhandenen Boden zu einer Auffrischung der Oberfläche führt.

Bei Teppichböden hat daher eine gründliche Reinigung (sog. „Grundreinigung") zu erfolgen. Dies entspricht der Verschönerung der Oberfläche des Holzdielenbodens durch Streichen.10

Die Vornahme der Schönheitsreparaturen muss grundsätzlich durch den Vermieter erfolgen. Sie gehört zur Instandhaltungspflicht des Vermieters gem. § 535 I S. 2 BGB.

Gleichwohl wird die Vornahme der Schönheitsreparaturen in der Regel auf den Mieter abgewälzt. Dies ist auch in Formularverträgen (AGB) zulässig. Müsste der Vermieter die Schönheitsreparaturen selbst ausführen, würde er diese i.d.R. durch ein Renovierungsunternehmen durchführen lassen und die Kosten auf die Miete aufschlagen, um noch wirtschaftlich vermieten zu können. Daher haben Mieter letztlich ein originäres Eigeninteresse daran, die Schönheitsreparaturen selbst vornehmen zu dürfen.

Zudem hat der Vermieter ein schutzwürdiges Interesse am sorgsamen Umgang mit der Mietwohnung. Muss der Mieter die Schönheitsreparaturen selbst vornehmen, behandelt er die Wohnung zwangsläufig sorgsamer als er dies tun würde, wenn der Vermieter die Schönheitsreparaturen durchführen müsste.

Diese Billigung trägt auch dem Umstand Rechnung, dass sich eine vertragliche Überwälzung von Schönheitsreparaturen auf den Mieter seit langem als Verkehrssitte herausgebildet hat und die Vertragsparteien eines Wohnraummietvertrags es deshalb als selbstverständlich ansehen, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen übernimmt.

Grenzen einer formularvertraglichen
Abwälzung der Schönheitsreparaturen

Die formularvertragliche Überwälzung der Schönheitsreparaturverpflichtung auf den Mieter findet ihre Grenze aber im Verbot der unangemessenen Benachteiligung des Mieters gem. § 307 I, II BGB.

Die Rechtsprechung hierzu ist in den letzten Jahren immer strenger geworden.

Unzulässigkeit von sog. „Fachhandwerkerklauseln"

Nach h.M. benachteiligen „Fachhandwerkerklauseln" in Formularmietverträgen über Wohnraum einen Mieter unangemessen und sind deshalb unwirksam, wenn sie dem Mieter die Möglichkeit der kostensparenden Eigenleistung nehmen. Hierunter sind Klauseln zu verstehen, wonach es dem Mieter obliegt, die Schönheitsreparaturen „ausführen zu lassen".

Wird deshalb dem Mieter die Möglichkeit einer Vornahme der Schönheitsreparaturen in Eigenleistung genommen, verliert die Überwälzung dieser Arbeiten ihre innere Rechtfertigung.

Das gilt umso mehr, als Schönheitsreparaturen ihrer Natur nach nicht zwingend die Ausführung durch eine Fachfirma bedingen und deshalb auch ein Vermieter nicht verpflichtet wäre, im Rahmen seiner Instandhaltungspflichten die Schönheitsreparaturen durch Vergabe an Dritte ausführen zu lassen, sondern nur ein bestimmtes Arbeitsergebnis, nämlich eine fachgerechte Ausführung in mittlerer Art und Güte (§ 243 I BGB) schuldet.11

keine Pflicht zur Parkettrenovierung

Ein über das Streichen der Fußböden hinausgehendes Abziehen und Wiederherstellen von Parkettversiegelungen findet sich in § 28 IV S. 3 Zweite BV nicht.

Derartige Arbeiten dienen nach verbreiteter Auffassung nicht mehr nur der für Schönheitsreparaturen typischen Beseitigung von Gebrauchsspuren, sondern sind dem Bereich der darüber hinausgehenden Instandhaltungsarbeiten zuzurechnen. Eine Klausel, die den Mieter hierzu verpflichtet, ist als unangemessene Benachteiligung unwirksam gem. § 307 I BGB.12

Außenfenster und Türen von außen müssen nicht gestrichen werden

Ebenfalls gefestigt ist die Rechtsprechung zum Streichen von Türen und Fenstern. Soweit es um Türen und Fenster gehe, gehört zu den Schönheitsreparaturen im Sinne der Zweiten Berechnungsverordnung nur das Streichen der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen, nicht aber der Außenanstrich von Türen und Fenstern.

Ebenso wenig gehört der Anstrich einer Loggia zu den Schönheitsreparaturen.13

Eine Klausel, wonach der Mieter verpflichtet ist, Fenster und Türen zu streichen, ist nach Ansicht des BGH ersatzlos unwirksam (§ 307 I BGB), da die mieterfeindlichste Auslegung ergibt, dass damit auch die Außentüren und Außenfenster gemeint sein könnten, § 305c II BGB.

Der Vermieter muss also die Klausel so formulieren, dass sie eindeutig auf die Innentüren bzw. die Fenster und Außentüren von innen beschränkt ist.

Unzulässigkeit starrer Fristenpläne

Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des BGH sind sog. starre Fristenpläne in Formularmietverträgen (= AGBen) gem. § 307 I, II Nr. 1 BGB unwirksam.14

Anmerkung: Unter einem starren Fristenplan ist zum Beispiel folgende Regelung zu verstehen:

„Die Schönheitsreparaturen sind spätestens nach Ablauf folgender Zeiträume auszuführen: in Küchen, Bädern: alle drei Jahre, in Wohn- und Schlafräumen alle fünf Jahre, in anderen Nebenräumen alle sieben Jahre."

Die Klausel ist so auszulegen, dass der Mieter verpflichtet ist, innerhalb verbindlicher Fristen Maßnahmen vorzunehmen.

Ein verständiger Mieter muss danach davon ausgehen, die Renovierungsarbeiten auch dann vorzunehmen zu müssen, wenn die gemieteten Räume nach ihrem tatsächlichen Erscheinungsbild noch nicht renovierungsbedürftig sind. Ein solcher „starrer" Fristenplan verstößt gegen Treu und Glauben. Die Abwälzung auf den Mieter darf nämlich nicht dazu führen, dass dieser einer höheren Instandhaltungspflicht unterliegt, als der Vermieter ihr unterläge, wenn er selbst die Schönheitsreparaturen auszuführen hätte.

Demnach ist eine Regelung dann unzulässig, wenn sie den Mieter mit Renovierungspflichten belastet, die über den tatsächlichen Renovierungsbedarf hinausgehen. Dies ist von dem Schutzgedanken, der den Vermieter berechtigt, die Vornahme der Schönheitsreparaturen auf den Mieter abzuwälzen, nicht gedeckt.

Regelfristen sind zulässig

Der Vermieter darf zwar eine Fristenregelung treffen, muss das Überschreiten dieser Fristen aber gestatten, wenn der Wohnraum sich nach Ablauf der Fristen eben noch nicht in einem renovierungsbedürftigen Zustand befindet.

Umgekehrt kann aber auch eine frühere Vornahme vereinbart werden, wenn der Wohnraum (vor Ablauf der Fristen) schon in besonders starkem Maße abgenutzt ist.

Eine Überwälzung nach Bedarf bzw. nach Regelfristen ist daher unzweifelhaft zulässig.15

Folgendermaßen formulierte Klauseln sind unbedenklich: „ ... in der Regel alle fünf Jahre ... " oder „ ... bei gewöhnlicher Nutzung ... " oder „ ... im Allgemeinen ... ".

An einem Renovierungsbedarf bei Erreichen der genannten Fristen kann es beispielsweise fehlen, wenn die Wohnung wenig genutzt wird, etwa bei Nutzung als Zweitwohnung am Arbeitsplatz oder bei Verwendung besonders langlebiger Farben und Tapeten.

starre Abgeltungsklausel unzulässig

In Formularmietverträgen wird regelmäßig neben einer Verpflichtung des Mieters zur Durchführung von Schönheitsreparaturen auch eine Regelung für den Fall getroffen, dass das Mietverhältnis endet, bevor die Schönheitsreparaturen (wieder) fällig werden. Tritt dieser Fall ein, soll sich der Mieter nach dem Willen des Vermieters jedenfalls anteilig an den Kosten der erst später fällig werdenden Schönheitsreparaturen beteiligen.

Unzulässig und nach § 307 I S. 1, II BGB unwirksam ist eine Abgeltungsklausel dann, wenn sie den Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses zur Zahlung eines allein vom Zeitablauf abhängigen Anteils an den Kosten für noch nicht fällige Schönheitsreparaturen nach feststehenden Prozentsätzen auch dann verpflichtet, wenn ein diesem Kostenanteil entsprechender Renovierungsbedarf auf Grund des tatsächlichen Erscheinungsbilds der Wohnung noch nicht gegeben ist („Abgeltungsklausel mit starrer Abgeltungsquote").16

flexible Abgeltungsklausel zulässig

In AGBen ohne Verstoß gegen § 307 BGB zulässig ist nach Ansicht des BGH aber eine Klausel, wonach der Mieter im Fall der Beendigung des Mietverhältnisses vor Ablauf der (Regel-)Fristen zu einer zeitanteiligen Kostenbeteiligung verpflichtet wird und ihm dabei die Wahl eingeräumt wird zwischen der anteiligen Zahlung und einer fachgerechten Renovierung.

Durch dieses Wahlrecht wird der Mieter nicht unangemessen benachteiligt.17

Eine solche Klausel benachteiligt den Mieter grundsätzlich nicht unangemessen, weil die Abwälzung turnusmäßiger Schönheitsreparaturen, deren Kosten der Mieter zu tragen hätte, wenn das Mietverhältnis bis zum Eintritt der Fälligkeit der Schönheitsreparaturverpflichtung fortbestanden hätte, rechtlich und wirtschaftlich einen Teil der Gegenleistung des Mieters für die Gebrauchsüberlassung der Räume darstellt.

Diese müsste der Mieter bei einer den Vermieter treffenden Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen (§§ 535 I S. 2, 538 BGB) über eine höhere Bruttomiete im Voraus abgelten.

Insbesondere stellt die Klausel keine unzulässige „verkappte Endrenovierungsklausel" dar, da sie den Mieter gerade nicht zur Renovierung der Räume verpflichtet.18

hemmer-Methode: Die Klausel darf aber nicht den Eindruck erwecken, der Mieter sei nicht berechtigt, sich durch „Malen statt Zahlen" einer Kostentragungspflicht zu entziehen.

Daher muss die Klausel ausdrücklich das Recht vorsehen, dass der Mieter seiner anteiligen Zahlungsverpflichtung dadurch zuvor-kommen kann, dass er vor dem Ende des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen in Eigenarbeit fachgerecht ausführt oder ausführen lässt.

Fehlt dieser Hinweis, ist die Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam, § 307 I S. 2 BGB.19

Abgeltung nach von Vermieter ein-geholtem Kostenvoranschlag unwirksam

Eine Abgeltungsklausel ist aber dann wieder unwirksam, wenn als Berechnungsgrundlage für die vom Mieter zu zahlenden Beträge „ein Kostenvoranschlag eines vom Vermieter auszuwählenden Malerfachgeschäfts" dient.

Der BGH hatte diese Praxis in der Vergangenheit als zulässig angesehen.20

Mit einer neueren Entscheidung gibt der BGH diese verfehlte Rechtsprechung nun ausdrücklich auf.21

Bei der Prüfung der Wirksamkeit der Abgeltungsklausel ist diejenige Auslegung zugrunde zu legen, nach der dem vom Vermieter einzuholenden Kostenvoranschlag verbindliche Wirkung zukommt und es dem Mieter verwehrt ist, hiergegen Einwendungen zu erheben.

Dass der Kostenanschlag nur dann verbindlich sein soll, wenn er der Billigkeit entspricht, darf in die Klausel nicht hineingelesen werden.

Vielmehr muss der Abgeltungsklausel im Hinblick auf das in § 307 I S. 2 BGB geregelte Transparenzgebot deutlich zu entnehmen sein, dass der Kostenvoranschlag unverbindlich ist.

Anderenfalls ist die Klausel unzulässig.

Unzulässigkeit von Farbvorgaben während des bestehenden Mietvertrags

Ebenso unwirksam ist eine Formularklausel, die den Mieter auch während der Mietzeit generell zu einer Dekoration in einer ihm vorgegebenen Ausführungsart oder Farbwahl verpflichtet.

Dadurch würde der Mieter nämlich in der Gestaltung seines persönlichen Lebensbereichs eingeschränkt (sog. „Farbwahlklausel"), ohne dass dafür ein anerkennenswertes Interesse besteht. Auch eine solche Klausel benachteiligt den Mieter unangemessen.22

partielle Farbvorgabe auch unzulässig

Auch wenn sich die Farbvorgabe nur auf die Türblätter und den Fensterrahmen beschränkt („Türblätter, Türrahmen, Fensterflügel und Fensterrahmen sind nur weiß zu lackieren"), ist die Klausel ersatzlos und vollständig unwirksam.23

Unzulässigkeit der „Weißklausel" beim Auszug

Als bislang zulässig wurde aber eine Klausel angesehen, wonach der Mieter die Wohnung weiß gestrichen zurückgeben muss.

Der BGH hat nun aber eine Klausel für unwirksam erklärt, wenn der Vermieter bei der Auszugsdekoration die Farbvorgabe „weiß" im Mietvertrag verbindlich vorschreibt.24 Die im Mietvertrag enthaltene Farbvorgabe bezieht sich zwar nur auf den Zeitpunkt der Rückgabe der Mietsache und erlaubt es dem Mieter somit, die Wohnung während der Mietzeit nach seinem persönlichen Geschmack zu dekorieren.

Die Einengung der Farbwahl auf nur eine einzige Farbe („weiß") im Zeitpunkt der Rückgabe schränkt die Gestaltungsfreiheit des Mieters aber in einer Weise ein, die nicht durch berechtigte Interessen des Vermieters gerechtfertigt ist und den Mieter deshalb unangemessen benachteiligt.

Der Vermieter hat zwar ein berechtigtes Interesse, die Wohnung in einem Dekorationszustand zurückzuerhalten, der dem Geschmack eines größeren Interessentenkreises entspricht und eine rasche Weitervermietung ermöglicht. Dieses Interesse erfordert es aber nicht, den Mieter für den Zeitpunkt des Auszugs zwingend auf einen weißen Anstrich festzulegen, weil auch eine Dekoration in anderen dezenten Farbtönen eine Weitervermietung nicht erschwert.

Für den Mieter hingegen ist ein gewisser Spielraum bei der farblichen Gestaltung auch für den Rückgabezeitpunkt von nicht unerheblichem Interesse, weil er sich dann aus wirtschaftlichen Erwägungen dafür entscheiden kann, schon während der Mietzeit eine Dekoration innerhalb der für den Rückgabezeitpunkt vorgeschriebenen Bandbreite farblicher Gestaltung vorzunehmen, um nicht beim Auszug nur wegen der farblichen Gestaltung eine sonst noch nicht erforderliche Renovierung vornehmen zu müssen.

Aus diesem Grund stellt auch die Einengung der Farbwahl auf nur eine einzige Farbe („weiß") im Zeitpunkt der Rückgabe eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar.

hemmer-Methode: Eine Rückgabe in bunter Farbe ist damit aber dennoch nicht zulässig (vgl. hierzu die Entscheidungsbesprechung)!

Rechtsfolgen bei unzulässiger Schönheitsreparaturklausel

Die Verpflichtung des Mieters zur Vornahme von Schönheitsreparaturen stellt eine einheitliche Rechtspflicht dar.

Ist diese Pflicht formularvertraglich so ausgestaltet, dass sie hinsichtlich der zeitlichen Modalitäten, der Ausführungsart oder des gegenständlichen Umfangs der Schönheitsreparaturen den Mieter übermäßig belastet, so ist die Klausel nicht nur insoweit, sondern insgesamt wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters gemäß § 307 I S. 1 BGB unwirksam.

Die Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter ließe sich nur dann aufrechterhalten, wenn die Pflicht des Mieters entweder im Hinblick auf die Ausführungsart (zum Beispiel durch Wegfall der Farbvorgabe) oder im Hinblick auf den gegenständlichen Umfang der Verpflichtung des Mieters (Wegfall der starren Fristen) modifiziert würde.

Dies käme aber einer inhaltlichen Umgestaltung der Schönheitsreparaturklausel und damit einer unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion gleich.

Eine teilweise Aufrechterhaltung oder Umgestaltung der Klausel nach der sog. „blue-pencil-Methode" kommt nach gefestigter Rechtsprechung des BGH nicht in Betracht.

Da bei der Unwirksamkeit einer formularvertraglichen Klausel gem. § 306 I, II BGB das Gesetz zur Anwendung kommt und nach § 535 I S. 2 BGB den Vermieter die Erhaltungspflicht trifft, muss der Mieter daher gar keine Schönheitsreparaturen ausführen. Schließlich bestimmt das Gesetz in § 538 BGB, dass der Mieter nicht für Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache haftet, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch herbeigeführt werden.

Mit anderen Worten: Ist auch nur ein kleiner Teil der Schönheitsreparaturklausel unwirksam, so wird vom BGH die gesamte Verpflichtung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen „kassiert".

F) Zur Vertiefung

  • Nebenpflichten des Mieters

Hemmer/Wüst, Schuldrecht BT 2, Rn. 56 ff.

G) Wiederholungsfragen

1. Was versteht man unter Rückgabe gem. § 546 I BGB?

2. Warum stellt die Rückgabe einer in neutraler Dekoration übernommenen Wohnung mit einem farbigen Anstrich eine Pflichtverletzung des Mieters dar?


  1. Palandt, § 546 BGB, Rn. 5.

  2. Zu diesem Konkurrenzverhältnis vgl. den hemmer-background zu BGH, Life & Law 2006, 90 [92 f.] sowie Leenen/Fleischhauer in JuS 2005, 709 [714].

  3. Vgl. dazu BGH, Life & Law 9/2009, 593 ff. = NJW 2009, 1947 ff.

  4. BGHZ 86, 204, 209 f.

  5. BGH, NJW 2010, 674 BGH, NJW 2009, 62 so auch Langenberg, Schönheitsreparaturen, Instandsetzung und Rückbau, 4. Aufl.,1. Teil, E, V 373.

  6. Eisenschmid, WuM 2010, 459, 466 f.

  7. BGH, NJW 2008, 1439

  8. BGH, WuM 2011, 618

  9. BGH, NJW 2012, 1280 BGH, WuM 2011, 96 BGH, WuM 2011, 212

  10. BGH, Life & Law 4/2009, 281 = NJW 2009, 510 ff.

  11. BGH, Life & Law 2010, 647 ff. = MDR 2010, 916 ff.

  12. BGH, NJW 2010, 674 f.

  13. BGH, Life & Law 2009, 280 = NZM 2009, 353

  14. Vgl. hierzu d'Alquen, Life & Law 2005, 494 ff.; BGH, Life & Law 2004, 807 ff. = NJW 2004, 2586 ff. BGH, NJW 2006, 1728 f. BGH, NJW 2006, 2113 f. BGH, Life & Law 2006, 521 ff. = NJW 2006, 2115 f.

  15. Vgl. BGH, NJW 2005, 3416

  16. Vgl. BGH, Life & Law 2007, 94 ff. = NJW 2006, 3778 ff.

  17. Vgl. BGH, NJW 2004, 3042 f.

  18. BGH, NJW 2004, 3042

  19. BGH, ZMR 2005, 518 ff.

  20. BGHZ 105, 71, 79 ff. BGH, WuM 2004, 663

  21. BGH, Life & Law 9/2013, 637 ff.

  22. BGH, Life & Law 2008, 728 (731) = NJW 2008, 2499 ff. BGH, Life & Law 2010, 136 f. = NJW 2009, 3716 f.

  23. BGH, WuM 2010, 142 f.

  24. BGH, Life & Law 4/2011, 233 ff. = NJW 2011, 514