Gold- und Silbermünzen sind als Sammlermünzen kein Geld, auch wenn man damit zahlen kann

BGH, Urteil vom 14.06.2013, V ZR 108/12

von Life and Law am 01.10.2013

+++ Gutgläubiger Erwerb +++ Abhandenkommen +++ Geld +++ Erlösherausgabe +++ §§ 929, 932, 935 BGB +++ § 816 I S. 1 BGB +++

Sachverhalt: Dem Eigentümer E wurden von D südafrikanische Goldmünzen („Krügerrand"), deutsche Goldmünzen („Weimar") mit dem Nominalwert von 100,-  € und österreichische Silbermünzen („Wiener Philharmoniker") mit dem Nominalwert von 1,50 € gestohlen.

D veräußerte die gestohlenen Gold- und Silbermünzen an N und übergab sie ihm.

Dieser wiederum veräußerte die Gold- und Silbermünzen an K und erzielte dabei einen höheren Erlös als den Nominalwert der Euromünzen bzw. den Goldwert der Krügerrandmünzen.

E verlangt nunmehr von N die Herausgabe des von K erhaltenen Kaufpreises.

Zu Recht?

Hinweis für den Bearbeiter:

Ansprüche auf Schadensersatz sind nicht zu prüfen!

Bei den gestohlenen Goldmünzen handelt es sich um Sammlermünzen i.S.d. § 2 MünzG, die kraft staatlicher Anerkennung aber auch als Zahlungsmittel anerkannt sind.

A) Skizze

B) Sound

Bei Sammlermünzen, die zum Umlauf im Zahlungsverkehr weder bestimmt noch geeignet sind, handelt es sich auch dann nicht um Geld im Sinne von § 935 II BGB, wenn sie als offizielles Zahlungsmittel zugelassen sind.

C) Problemaufriss

Der im Original nicht viel längere Sachverhalt betrifft einen Klassiker des Mobiliarsachenrechts, den gutgläubigen Erwerb an beweglichen Sachen gem. §§ 932 ff. BGB.

Wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, wird der Erwerber trotzdem Eigentümer, es sei denn

  • der Erwerber ist nicht in gutem Glauben, § 932 II BGB oder
  • die Sache ist dem Eigentümer abhandengekommen, § 935 I BGB.

hemmer-Methode: Meistens ist in Klausuren zu lesen, dass Voraussetzung des gutgläubigen Erwerbs die Gutgläubigkeit des Erwerbers sei. Dies ist ungenau, da die Gutgläubigkeit vermutet wird, vgl. § 932 I S. 1 BGB a.E.

Besser wäre es daher, die Überschrift mit „Keine Bösgläubigkeit des Erwerbers" zu formulieren.

Das Abhandenkommen einer Sache steht einem gutgläubigen Erwerb aber dann nicht entgegen, wenn es sich um abhandengekommenes Geld oder um abhandengekommene Inhaberpapiere handelt bzw. die Veräußerung im Wege einer öffentlichen Versteigerung durch den Gerichtsvollzieher (§ 383 III BGB) oder einer Internetversteigerung (§ 979a BGB) erfolgt.

hemmer-Methode: Zu den Inhaberpapieren gehören neben den Inhaberaktien (§ 10 AktG), Schuldverschreibungen auf den Inhaber und den Investmentanteilsscheinen auch Lotterielose und Inhabermarken i.S.d. § 807 BGB (z.B. Theater- und Fahrkarten).

Auch gültige, noch nicht entwertete Briefmarken fallen unter den Begriff der Inhaberpapiere, sodass an gestohlenen Briefmarken aus Gründen des gesteigerten Verkehrsschutzes ein gutgläubiger Erwerb möglich ist.1

Im vorliegenden Fall geht es entscheidend um die Frage, ob das Abhandenkommen der Gold-und Silbermünzen einem gutgläubigen Erwerb tatsächlich entgegenstand.

Bei den Gold- und Silbermünzen handelte es sich laut Bearbeitervermerk zwar um Sammlermünzen. Sie sind aber als Zahlungsmittel staatlich anerkannt. Damit könnte es sich um Geld im Sinne des § 935 II BGB gehandelt haben.

D) Lösung

Zu prüfen ist, ob E von N die Herausgabe des von K erzielten Erlöses verlangen kann.

I. Anspruch auf Herausgabe des Erlöses gem. § 816 I S. 1 BGB

In Betracht kommt ein Anspruch auf Herausgabe des Erlöses, wenn N als Nichtberechtigter wirksam gegenüber E über die Gold- und Silbermünzen verfügt hätte.

1. Nichtberechtigung des N

N hat als Nichtberechtigter über die Goldmünzen verfügt, wenn er diese nicht zuvor wirksam von D erworben hatte.

a) Dingliche Einigung zwischen D und N gem. § 929 S. 1 BGB

Der Eigentumserwerb einer beweglichen Sache setzt zunächst das Vorliegen einer dinglichen Einigung gem. § 929 S. 1 BGB, also zwei übereinstimmende Willenserklärungen, voraus.

Laut Sachverhalt hat D die Gold- und Silbermünzen an N veräußert; eine dingliche Einigung liegt damit vor.

b) Übergabe, § 929 S. 1 BGB

Neben der Einigung erfordert die Übereignung nach § 929 S. 1 BGB noch die Übergabe der zu übereignenden Sache.

Eine Übergabe i.S.d. § 929 S. 1 BGB liegt vor, wenn (1) der Erwerber zumindest mittelbaren Besitz (2) auf Veranlassung des Veräußerers erlangt und (3) dieser keinerlei Besitz an der Sache behält.

Auch dies ist vorliegend zu bejahen.

c) Fehlende Berechtigung des D

Die §§ 929 - 931 BGB regeln den Erwerb vom Berechtigten. D war als Dieb nicht Eigentümer der Gold- und Silbermünzen, sodass ein Erwerb gem. § 929 S. 1 BGB ausscheidet.

d) Gutgläubiger Erwerb gem. §§ 929 S. 1, 932 I S. 1, II BGB

Bei einer wie hier nach § 929 S. 1 BGB erfolgten Übereignung wird der Erwerber aber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist, § 932 I S. 1, II BGB.

Gemäß § 932 I S. 1 BGB wird die Gutgläubigkeit grds. vermutet. Dies folgt aus der negativen Formulierung des § 932 I S. 1 HS 2 BGB („es sei denn, dass er ... nicht in gutem Glauben ist"). Da sich dem Sachverhalt keine Anhaltspunkte für die Bösgläubigkeit des N entnehmen lassen, war dieser gutgläubig i.S.d. § 932 II BGB.

e) Abhandenkommen, § 935 I S. 1 BGB

Der gutgläubige Erwerb könnte aber ausgeschlossen sein, weil dem E der unmittelbare Besitz an den Gold- und Silbermünzen durch den Diebstahl des D gem. § 935 I S. 1 BGB abhandenkommen ist.

f) Unanwendbarkeit des § 935 I BGB, weil die Gold- und Silbermünzen „Geld" i.S.d. § 935 II BGB sind?

Aus § 935 II BGB folgt, dass Geld auch dann gutgläubig erworben werden kann, wenn es dem Eigentümer gestohlen wurde, verlorengegangen oder sonst abhandengekommen ist.

Die Frage, unter welchen Voraussetzungen Gold- und Silbermünzen als Geld im Sinne des § 935 II BGB anzusehen sind, ist umstritten.

aa) Meinungsstand zu Gold- und Silbermünzen

(1) Vertreten wird, es sei allein entscheidend, dass eine in- oder ausländische Münze aktuell zum Zahlungsverkehr offiziell zugelassen sei.2

Auch wird formuliert, dass unter § 935 II BGB umlauffähiges in- und ausländisches Geld falle, das objektiv als Zahlungsmittel geeignet sei.3

(2) Demgegenüber will eine a.A. die Zulassung als anerkanntes Zahlungsmittel in einem Staat nicht ausreichen lassen und zusätzlich darauf abstellen, ob die Münze oder der Geldschein auch „als Geld", mithin als Tauschmittel erworben sei und nicht etwa ohne Rücksicht auf seine Geldeigenschaft als Einzelstück, etwa für eine Sammlung oder als Schmuckstück.4

Nach der überwiegenden Ansicht kommt es dabei nicht auf die konkrete Zweckbestimmung des Veräußerers oder Erwerbers, sondern auf die Verkehrsauffassung an.

Sammlermünzen, denen objektiv keine praktische Zahlungsmittelfunktion zukomme, seien nicht als Geld im Sinne des § 935 II BGB anzusehen.5

bb) Ansicht des BGH

Der BGH folgt der zuletzt genannten Ansicht und lässt allein die staatliche Anerkennung einer Münze als offizielles Zahlungsmittel noch nicht dafür genügen, dass der Tatbestand des § 935 II BGB erfüllt ist.

Darüber hinaus ist erforderlich, dass die Münze zum Umlauf im öffentlichen Zahlungsverkehr bestimmt und geeignet ist.

(1) Definition „Geld"

Unter den Begriff des Geldes fällt jedes von einem in- oder ausländischen Staat oder einer durch ihn ermächtigten Stelle als Wertträger beglaubigte, zum Umlauf im öffentlichen Verkehr bestimmte Zahlungsmittel ohne Rücksicht auf einen allgemeinen Annahmezwang.6

Diese Definition ist grundsätzlich auch im Rahmen des § 935 II BGB heranzuziehen.

(2) Ratio des § 935 II BGB

Allerdings ist die Norm unter Berücksichtigung ihres Sinns und Zwecks einschränkend auszulegen. Der Bestandsschutz des Eigentümers genießt bei abhanden gekommenen Sachen Vorrang vor dem Interesse an der Sicherheit und Leichtigkeit des Rechtsverkehrs. Dieser in § 935 I BGB verankerte Grundsatz wird durch § 935 II BGB durchbrochen.

Aus Gründen der für die reibungslose Funktionsfähigkeit des Finanz- und Wirtschaftssystems notwendigen Umlauffähigkeit von Geld tritt das Interesse des Eigentümers an dem Bestand seines Eigentums zurück.7

Zwar stellt die gesetzliche Anerkennung einer Münze als offizielles Zahlungsmittel einen Hoheitsakt dar, der - auch wenn er auf ausländischem Recht beruht - Gültigkeit beansprucht.

Fehlen den in Rede stehenden Wertträgern allerdings nach der jeweils einschlägigen Rechtsordnung die Bestimmung und Eignung zum Umlauf im öffentlichen Rechtsverkehr, so ist trotz ihrer formalen Anerkennung als Zahlungsmittel die Geldqualität nicht gegeben.

Es fehlt dann sowohl an der Bestimmung als auch an der Eignung zum Umlauf im öffentlichen Zahlungsverkehr. Nichts anderes gilt, wenn eine Münze ausdrücklich als Sammlermünze herausgegeben wird. Sammlermünzen sind zwar als offizielles Zahlungsmittel zugelassen. Sie sind aber nach ihrer Gestaltung (unüblicher Nominalwert, besonderes Material, unübliche Prägung oder Herstellungsart) nicht für diese Funktion gedacht, sondern dienen als Anlage- oder Sammelobjekte.

Anmerkung: Dies ergibt sich bereits aus den einschlägigen gesetzlichen Grundlagen. So bestimmt § 2 I MünzG, dass der Bund als Sammlermünzen auf Euro lautende Gedenkmünzen (deutsche Euro-Gedenkmünzen) und deutsche Euro-Münzen in Sonderausführung ausprägen kann.

Diese sind nach § 2 II MünzG nach Maßgabe des Münzgesetzes zwar gesetzliche Zahlungsmittel im Inland. Nach § 5 S. 1 HS 2 MünzG müssen sich die deutschen Euro-Gedenkmünzen aber hinreichend von den Euro-Münzen unterscheiden. Das Bundesministerium der Finanzen kann für diese Sammlermünzen einen über dem Nennwert liegenden Verkaufspreis festlegen (§ 2 III MünzG).

(3) Sammlermünzen sind nicht zum Umlauf im öffentlichen Zahlungsverkehr bestimmt

Als Sammlermünzen herausgegebenen Geldstücke sind trotz ihrer offiziellen Anerkennung als Zahlungsmittel weder zum Umlauf im öffentlichen Zahlungsverkehr bestimmt noch hierzu geeignet.

Ihre Zulassung beruht nicht auf währungspolitischen Gründen, sondern ist dem Interesse der angesprochenen Verkehrskreise an der Sammlung besonders ausgeprägter Münzen, die auch als Zahlungsmittel anerkannt sind, geschuldet. Von ihrer Zwecksetzung her dienen sie als Anlage- und Sammelobjekte.

Sie sollen entweder einer Sammlung hinzugefügt werden oder aber, wie bei der Prägung von Geldstücken aus Edelmetallen, als Anlageobjekte dienen, bei denen die Erwartung besteht, dass sie gerade wegen des Edelmetallanteils im Wert gegenüber dem ausgewiesenen Nominalwert oder aber den ohnehin schon höheren Ausgabewert steigen.

Beide Aspekte, die sich durchaus überlagern können, haben aber den Effekt, dass diese Münzen - auch wenn sie in einer höheren Stückzahl herausgegeben werden - gerade dem Kreislauf des Geldes entzogen sind.

Hinzu kommt, dass derartige Münzen, wenn sie ausnahmsweise als Zahlungsmittel verwandt werden, in aller Regel nicht zu dem ausgewiesenen Nennwert hingegeben werden. Ein wirtschaftlich vernünftig Denkender wird für diese vielmehr den aktuellen, am Markt erzielbaren Verkaufswert einfordern, was eine aktuelle Wertermittlung bedingt.

Diese aber steht einer raschen Abwicklung von Bargeldgeschäften im täglichen Leben entgegen. Unabhängig davon ist zu berücksichtigen, dass sich Sammlermünzen in ihrer äußeren Gestaltung von den Umlaufmünzen unterscheiden. Ist dem Geschäftspartner die Anerkennung der Sammlermünzen als offizielles Zahlungsmittel nicht bekannt, so wird er ihre Entgegennahme bei Massengeschäften oft verweigern. Vor diesem Hintergrund fehlt es den Sammlermünzen auch an der Eignung zum Umlauf im öffentlichen Zahlungsverkehr.

Nach alledem tritt bei Sammlermünzen die Zahlungsmittelfunktion völlig in den Hintergrund. Dem Bestandsschutzinteresse des Eigentümers gebührt daher der Vorrang vor dem öffentlichen Interesse an deren Verkehrsfähigkeit zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Zahlungsverkehrs.

(4) Zwischenergebnis

Die südafrikanischen Krügerrand-Münzen sind zwar offizielles Zahlungsmittel in Südafrika. Sie sind aber für einen Umlauf als ein gängiges Zahlungsmittel nicht geeignet, weil sie keinen Nennwert, sondern lediglich ihren Feingoldgehalt ausweisen. Vor diesem Hintergrund stellt der „Krügerrand" eine Anlagemünze dar, während seine Funktion als Zahlungsmittel nahezu vollständig zurücktritt.

Nichts anderes gilt in Bezug auf die streitgegenständlichen Euro-Münzen. Bei diesen handelt es sich zwar ebenfalls um offiziell zugelassene Zahlungsmittel. Allerdings sind sie als Sammlermünzen ausgeprägt worden, denen deshalb nach den obigen Ausführungen keine Geldqualität zukommt.

Damit handelt es sich bei den Gold- und Silbermünzen nicht um Geld i.S.d. § 935 II BGB, sodass N das Eigentum nicht kraft guten Glaubens erworben und damit als Nichtberechtigter verfügt hat.

2. Wirksamkeit der Verfügung des N

Die Übereignung des N an K war gegenüber E nicht wirksam, weil die Gold- und Silbermünzen abhandengekommen sind.

Allerdings steht es dem Eigentümer frei, die Verfügung zu genehmigen. Dadurch wird die Verfügung gem. § 185 II S. 1 Var. 1 BGB wirksam.

hemmer-Methode: Die Genehmigung bezieht sich nur auf die Rechtsfolge der Verfügung. Der Verfügende bleibt aber nach wie vor Nichtberechtigter.

Andernfalls käme man zu dem absurden Ergebnis, dass aufgrund der Genehmigung der Anspruch des Berechtigten ganz entfiele, weil es schon am Tatbestandsmerkmal der Nichtberechtigung fehlen würde.

Durch die Geltendmachung des Erlösherausgabeanspruches hat N die Verfügung konkludent genehmigt.

Anmerkung: Die Genehmigung wird jedoch nur Zug um Zug gegen die Herausgabe des Erlöses erteilt, da anderenfalls der Berechtigte mit der Genehmigung endgültig sein Recht verlieren würde und dann das Insolvenzrisiko des nichtberechtigt Verfügenden tragen müsste.8

3. Rechtsfolge

Rechtsfolge des § 816 I S. 1 BGB ist die Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten.

Streitig ist, ob sich der Anspruch aus § 816 I S. 1 BGB nur auf den objektiven Wert der Sache bezieht oder ob in jedem Fall der konkret durch den Nichtberechtigten erzielte Erlös herauszugeben ist.

a) Mindermeinung: objektiver Wert

Eine Mindermeinung will dem Berechtigten nur den objektiven Wert zugestehen.

Durch „Verfügung erlangt" sei nicht etwa der Kaufpreis selbst, sondern nur die „Befreiung von der Verbindlichkeit aus § 433 I S. 1 BGB zur Übereignung. Durch die wirksame Verfügung hat der Verfügende seine schuldrechtliche Verbindlichkeit erfüllt, er wurde damit von einer Verbindlichkeit befreit. Diese Befreiung könne nicht herausgegeben werden, sodass § 818 II BGB eingreifen würde.9

Bei § 818 II BGB aber ist anerkannt, dass ein objektiver Maßstab gilt.

b) BGH: Erlös ist herauszugeben

Nach h.M.10 ist das herauszugeben, was der Nichtberechtigte bei der Verfügung tatsächlich erlangt hat, auch wenn dies den objektiven Wert übersteigt.

Hierfür spreche der Wortlaut des § 816 I S. 1 BGB, der insofern Spezialvorschrift gegenüber § 818 II BGB sei.

Auch von der Wertung her sei dieses Ergebnis gerechtfertigt: Der Berechtigte trage das Risiko des Unterwertverkaufes durch den Nichtberechtigten, also müsse er auch die Vorteile bekommen, wenn die Sache über Wert verkauft wurde.

Außerdem bestätigt ein Blick auf § 816 I S. 2 BGB, dass bei einer schenkweisen Übereignung der Gesetzgeber selbst davon ausgeht, dass das Erlangte „Null" ist. Anderenfalls hätte es der Durchgriffskondiktion auf den Beschenkten nicht bedurft.

4. Ergebnis

N schuldet dem E die Herausgabe des von K erhaltenen Kaufpreises gem. § 816 I S. 1 BGB.

II. Kein Anspruch auf Herausgabe des Erlöses gem. §§ 687 II S. 1, 681 S. 2, 667 Alt. 2 BGB

Ein Anspruch aus angemaßter Eigengeschäftsführung entfällt.

N hatte nämlich keine positive Kenntnis davon, dass er als Nichtberechtigter über die Gold- und Silbermünzen verfügt hat.

III. Kein Anspruch auf Herausgabe des Erlöses gem. §§ 985, 285 BGB

Auch ein Anspruch aus §§ 985, 285 BGB entfällt. Zwar lag zwischen E und N eine Vindikationslage (kurz: EBV) vor.

§ 285 BGB ist aber auf die Unmöglichkeit der Herausgabe nach § 985 BGB nicht anwendbar. Die §§ 987 ff. BGB sind „leges speciales", die den gutgläubigen unrechtmäßigen Besitzer davor schützen sollen, dass dieser entgegen der Wertung der §§ 987 ff. BGB unabhängig von Bösgläubigkeit oder Rechtshängigkeit verschuldensunabhängig haftet.

E) Kommentar

(mty). Die Entscheidung des BGH, die im Original noch viel ausführlicher begründet war, ist im Ergebnis überzeugend.

Die „ratio legis" des § 935 II BGB passt nicht auf Münzen, die als Sammler- und/oder Anlageobjekt herausgegeben wurden.

Eine ähnliche Problematik stellt sich auch im Recht der Zwangsvollstreckung, wenn diese wegen einer titulierten Geldforderung betrieben wird.

Grundsätzlich wird eine nach § 808 ZPO gepfändete bewegliche Sache nach Maßgabe der §§ 814 ff. ZPO öffentlich versteigert. Bei Geld ist dies nicht sinnvoll, da kein geschäftsfähiger Mensch für einen gepfändeten 50,- € Schein mehr bieten würde als 50,- €. Daher bestimmt § 815 I ZPO, dass gepfändetes Geld dem Gläubiger abzuliefern ist.

Die hier besprochene Entscheidung des BGH zur Frage der Geldeigenschaft von Gold- und Silbermünzen kann im Zwangsvollstreckungsrecht entsprechend angewendet werden. Sind die Münzen als Sammler- oder Anlegeobjekt nicht zum Umlauf im öffentlichen Zahlungsverkehr geeignet, so sind diese nicht nach § 815 I ZPO dem Gläubiger zum Nominalwert auszuhändigen. Vielmehr muss versucht werden, im Wege der öffentlichen Versteigerung nach §§ 814 ff. ZPO einen höheren Wert zu erzielen. Dies wird dadurch sichergestellt, dass der Nominal- bzw. aktuelle Goldwert als Mindestgebot ausgegeben wird, § 817a ZPO.

F) Zur Vertiefung

  • Gutgläubiger Erwerb von beweglichen Sachen

Hemmer/Wüst, Sachenrecht II, Rn. 67 ff.

G) Wiederholungsfragen

1. Warum steht das Abhandenkommen von Geld einem gutgläubigen Erwerb gem. § 935 II BGB nicht entgegen?

2. Warum sind Sammlermünzen, selbst wenn sie als Zahlungsmittel anerkannt sind, kein Geld i.S.d. § 935 II BGB?


  1. Vgl. Prütting/Wegen/Weinrich, § 935 BGB, Rn. 14.

  2. Prütting/Wegen/Weinrich, § 935 BGB, Rn. 13; Planck, § 935 BGB, Anm. 6.a.

  3. LG Würzburg, NJW 1988, 2191 Palandt, § 935 BGB, Rn. 11; Staudinger, § 935 BGB, Rn. 24.

  4. RGRK-BGB/Pikart, 12. Aufl., § 935 BGB, Rn. 31; Erman / Michalski, 13. Aufl., § 935 BGB, Rn. 8; Westermann / Gursky / Eickmann, Sachenrecht, 8. Aufl., § 49 III 1 Rn. 20

  5. jurisPK-BGB/Beckmann, § 935 BGB, Rn. 25 MüKo, § 935 BGB, Rn. 15; Soergel, § 935 BGB, Rn. 17.

  6. BGHSt 32, 198 

  7. jurisPK-BGB/Beckmann, 6. Aufl., § 935 BGB, Rn. 1

  8. Palandt, § 816 BGB, Rn. 9 a.E.

  9. Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, Rn. 722 f.

  10. Vgl. etwa BGHZ 29, 157 ff. Palandt, § 816 BGB, Rn. 20.