Anschlussdelikte -- Begünstigung, Strafvereitelung und Hehlerei

Von RA Dr. Bernd Berberich und Tim Löper

von Life and Law am 01.07.2014

+++ Grundlagen und Beispiele +++ Problemfälle und Auslegungshilfen +++ Begünstigung, § 257 StGB +++ Strafvereitelung, § 258 StGB +++ Hehlerei, § 259 StGB +++

A) Einführung

Die Anschlussdelikte der §§ 257 bis 259 StGB sind in der Kriminalstatistik weniger prominent platziert,1 als es deren Auftreten in Klausuren vermuten lässt. Der häufigen Prüfung dieser Delikte als Annex zu vermögensrechtlichen Klausuraufgaben steht leider konträr die Vernachlässigung in der Ausbildung gegenüber. Dabei ist die Deliktsgruppe mit relativ wenig Detailwissen gut handhabbar, zumal es kaum aktuelle Rechtsprechung zu berücksichtigen gilt. Klassische Problemfelder der Delikte wiederholen sich. Diese finden im Wortlaut der Normen zwar durchaus Anhaltspunkte, erschließen sich ohne Vorkenntnisse dennoch nur schwer.

hemmer-Methode: Soweit nach der jeweiligen Prüfungsordnung zulässig, drängen sich entsprechende Markierungen bzw. Unterstreichungen des Gesetzestextes geradezu auf.

Doch ist jeder der Tatbestände für sich genommen systematisch strukturiert und mit wenigen Argumentationstopoi, sofern das betreffende Problem zutreffend erkannt wurde, leicht handhabbar. Hierauf soll der Fokus der folgenden Betrachtung liegen. Dabei weist das Anschlussdelikt der Geldwäsche gem. § 261 StGB die geringste Klausurrelevanz auf und bleibt deshalb außen vor.

B) Grundlagen -- Gemeinsame Systematik?

Der 21. Abschnitt des StGB fasst verschiedene Delikte zusammen. § 257 StGB normiert die sachliche Begünstigung, § 258 StGB die persönliche Begünstigung und daneben steht das auf Vermögensschutz ausgerichtete Delikt der Hehlerei, § 259 StGB. Begünstigung, Strafvereitelung und Hehlerei weisen unter der gemeinsamen Überschrift „Anschlussdelikte" zwar verschiedentlich Schnittmengen auf. Einer einheitlichen Dogmatik oder Systematik unterliegen die Delikte indes nicht. Sie sind nur formalgesetzlich zusammengefasst und schützen unterschiedliche Rechtsgüter. Ihre Gemeinsamkeit und Rechtfertigung der gemeinsamen Behandlung ist die Anknüpfung an eine rechtswidrige Vortat. Eine homogene Auslegungsgrundlage aber fehlt. Die Delikte können sich so trotz ihrer Ausdifferenzierung teilweise überschneiden.

C) Begünstigung, § 257 StGB

Der Tatbestand ist recht weit gefasst, sodass Abgrenzungsschwierigkeiten sowohl zu § 258 StGB als auch zu § 259 StGB bestehen können. Kommt es dazu, ist die Vorteilssicherungsabsicht das zentrale Differenzierungsmerkmal. Die Zielrichtung das Täters auf Vorteilssicherung geht über die Merkmale der §§ 258, 259 StGB hinaus. Ist die Vorteilssicherungsabsicht gegeben, hat die Begünstigung eine eigenständige Bedeutung und steht zu den anderen Delikten in Tateinheit.2 Idealkonkurrenz ist auch mit Beihilfe zur Vortat möglich, wenn der Helfer später noch das Erlangte sichern möchte.3

I. Geschütztes Rechtsgut und Auslegungsgrundsätze

Die Begünstigung ist eine zum selbstständigen Delikt erhobene nachträgliche Beihilfe zur Vortat. Sie hängt von der Vortat ab.4 Schutzrichtung ist die Hemmung der Rechtspflege durch Vereitelung der Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes.5 Dies impliziert nach h.M. zwei Schutzgüter: einerseits die staatliche Rechtspflege und daneben das Individualinteresse des durch die Vortat Geschädigten an der Wiederherstellung des früheren Zustandes.6 Andere Ansichten deuten § 257 StGB im Sinne reiner Generalprävention7 oder als Vermögensdelikt.8

Vor dem Hintergrund der herrschenden doppelten Zielrichtung ist besonderer Wert auf die Abhängigkeit der Begünstigung vom Erfolg der Vortat zu legen. Zentrales Merkmal ist dabei das des Vorteils, als jede -- nicht nur vermögensmäßige -- Besserstellung.9 Für § 257 StGB ist es demnach zwingend erforderlich, dass der Täter sich dieses Vorteils noch nicht begeben hat.10

II. Das Delikt im Einzelnen

Vor diesem Hintergrund werden nunmehr die Tatbestandsmerkmale der Begünstigung und weitere Besonderheiten des Delikts betrachtet.

1. Vortat

Vortat des § 257 StGB kann jede rechtswidrige (Straf-)Tat im Sinne des § 11 I Nr. 5 StGB sein, wobei deren Vorliegen vom erkennenden Gericht selbstständig geprüft wird.11 Alle Voraussetzungen, die über § 11 I Nr. 5 StGB hinausgehen (Schuld, Strafaufhebungsgründe), sind irrelevant. Angesichts des Strafgrundes reichen Teilnahme und Versuch als taugliche Vortat dann aus, wenn der Täter jedenfalls Vorteile aus der Tat bereits erlangt hat.

Wortlautgemäß stellt sich das Problem der zeitlichen Relation zwischen Vortat und der Hilfeleistung für den Dritten, „der eine rechtswidrige Tat begangen hat". Es bedarf hier der Abgrenzung zur Beihilfe zur Vortat. Das Problem wird durch die Natur des § 257 StGB als selbstständig normierte nachträgliche Beihilfe verschärft. Dabei sind zwei Fälle eindeutig: Vor Vollendung der Vortat ist Beihilfe gegeben und nach Beendigung stets Begünstigung. Der Problemfall liegt dann vor, wenn die Hilfe zwischen Vollendung und Beendigung erfolgt.

Beispiel: D entwendet sperrige Schrottteile und versteckt sie in unmittelbarer Nähe des Schrottplatzes. Er erzählt T davon und bittet ihn, die Teile am nächsten Tag abzuholen.

Der Diebstahl im Beispielsfall ist vollendet, aber noch nicht beendet, sodass sich das gerade dargestellte Problem stellt. Die h.M. nimmt eine subjektive Abgrenzung anhand der Willensrichtung des Täters vor. Will dieser der Vortat zur materiellen Beendigung verhelfen, soll Beihilfe eingreifen.12 Will er dem Vortäter die Tatvorteile erhalten, kommt nur Begünstigung in Betracht. Diese Ansicht kann zwar als rechtsunsicher kritisiert werden. Unter der Prämisse, dass eine Beihilfestrafbarkeit auch nach Vollendung möglich ist, ist sie aber, um Strafbarkeitslücken im Nachtatbereich zu vermeiden, konsequent.13

hemmer-Methode: Alternativ ist zu erwägen, den Beihilfetatbestand nur bis zur Vollendung anzuwenden. Das Abgrenzungsproblem träte nicht auf und § 257 StGB knüpfte zweckentsprechend an das zeitliche Ende der Beihilfestrafbarkeit an.14

2. Tathandlung

Der Tathandlung des Hilfeleistens unterfällt jede Handlung, die objektiv geeignet ist, dem Täter die Vorteile der Tat zu erhalten und subjektiv mit dieser Tendenz vorgenommen wird.15 Nach dieser h.A. kommt es weitergehend nicht darauf an, dass das Hilfeleisten tatsächlich gelingt und den Täter im Ergebnis nicht besserstellt.

Hiervon abweichende Meinungen existieren in zwei Richtungen: Während eine Ansicht von einer objektiven Komponente in der Definition völlig absieht und nur auf die Willensrichtung des Täters abstellt,16 fordert die konträre Auffassung den Eintritt einer tatsächlichen objektiven Besserstellung des Vortäters.17 Die erste Auffassung ist nicht mit der Grundentscheidung des Gesetzgebers gegen die Versuchsstrafbarkeit zu vereinbaren. Die restriktive letztgenannte Ansicht konfligiert mit dem Schutzgut des § 257 StGB.18 Denn wenn § 257 StGB neben dem individuellen Restitutionsinteresse gerade auch die Rechtsordnung schützt und diese schon durch jede objektiv genügende Hilfeleistung angegriffen wird, vertypt § 257 StGB ein versuchsgleiches Unrecht.19 Ein Taterfolg im eigentlichen Sinne des Erhaltens eines Vorteils beim Vortäter ist somit nach überzeugender Auffassung nicht erforderlich.

3. Subjektiver Tatbestand

Subjektiv reicht bedingter Vorsatz grundsätzlich aus. Die Anforderungen an den Konkretisierungsgrad hinsichtlich der Vortat sind dabei gering zu veranschlagen. Im Einzelfall genau zu prüfen ist aber, ob die Hilfeleistung auch beim vom Begünstigenden vorgestellten Sachverhalt objektiv zur Erhaltung der Tatvorteile geeignet ist.20 Hinsichtlich der Vorteilssicherung genügt bedingter Vorsatz allerdings nicht. Es ist erforderlich, dass der Täter in der Absicht der Vorteilssicherung handelt. Da die Absicht auf die Rechtsgutbeeinträchtigung ausgerichtet ist, ist sie im technischen Sinne als solche, die nur dolus directus ersten Grades erfasst, zu verstehen.21 Nötig ist ein zweckgerichtetes Wollen der Verhinderung oder Erschwerung der Restitution des durch die Vortat bewirkten Zustands.22 Der Erfolg der Vorteilssicherung kann entsprechend der allgemeinen Doktrin auch Zwischenziel für einen eigentlich gesetzesfremden Erfolg sein.

Beispiel: Der Taxifahrer, der einen Dieb samt Beute bewusst um des Fahrpreises willen fährt, kann sich gem. § 257 StGB strafbar machen.23

hemmer-Methode: Vorteile der Tat i.S.d. Begünstigung nach § 257 I StGB sind nicht nur die Früchte der Vortat, sondern sie umfassen z.B. auch den (vorab) an einen Tatbeteiligten gezahlten Tatlohn. Das Erfordernis, dass bei der Begünstigung der Vorteil unmittelbar durch die Vortat erlangt sein muss, dient dazu, Ersatzvorteile (Vorteilssurrogate) auszuklammern; bei der Entlohnung für die Tatbeteiligung handelt es sich jedoch nicht um einen derartigen Ersatzvorteil, sondern vielmehr um einen unmittelbaren Vorteil der Tat. Ein bloßes Zahlungsversprechen in Bezug auf einen in Aussicht gestellten Tatlohn ist dagegen gemäß § 134 BGB nichtig, führt zu keiner -- auch nur wirtschaftlichen -- Besserstellung und stellt daher keinen relevanten Tatvorteil i.S.d. § 257 I StGB dar.24

4. Straffreiheit und persönlicher Strafausschließungsgrund

Ohne dass es auf § 257 III StGB ankommt, ist die Selbstbegünstigung wegen der notstandsähnlichen Situation des Täters straflos. Es fehlt schon tatbestandlich an der Tat eines „anderen".

Einen weitergehenden persönlichen Strafausschließungsgrund sieht § 257 III StGB vor. Hiernach machen sich auch die Beteiligten an der Vortat, die nicht selbst Täter sind, etwa der Gehilfe gem. § 27 StGB, nicht strafbar, wenn sie sich schon wegen ihrer Beteiligung strafbar machen. Der Regelung liegt die konkurrenzrechtliche Erwägung der mitbestraften Nachtat zu Grunde.25 Der Unrechtsgehalt des Handels ist schon durch die Vortatbeteiligung vollumfänglich erfasst. Eine restriktiv auszulegende Ausnahme von dieser Regel macht § 257 III S. 2 StGB für den Vortatbeteiligten, der einen Unbeteiligten zur Begünstigung anstiftet. Die dogmatische Begründung dieser Regelung fällt schwer und lässt sich nur auf kriminalpolitische Erwägungen des historischen Gesetzgebers zurückführen.26

hemmer-Methode: Die Regelung des § 257 III StGB ist nicht schwer anzuwenden, aber -- zumal in der Klausursituation -- sehr leicht zu übersehen.

D) Strafvereitelung, § 258 StGB

Den Fall der persönlichen Begünstigung erfasst die Strafvereitelung gem. § 258 StGB. Abgrenzungsschwierigkeiten hin zu § 257 StGB und § 259 StGB sind möglich. Wegen der unterschiedlichen Schutzrichtung ist beim Zusammentreffen der Delikte Tateinheit anzunehmen.

I. Geschütztes Rechtsgut und Auslegungsgrundsätze

Über das von § 258 StGB geschützte Rechtsgut besteht weitgehend Einigkeit. Nach allgemeiner Ansicht dient § 258 StGB dem Schutz der inländischen Rechtspflege mit ihrer Aufgabe, den staatlichen Strafanspruch und die Maßnahmen nach § 11 I Nr. 8 StGB durchzusetzen.27 Zudem misst die h.M. dem § 258 StGB den Zweck der Isolierung des Vortäters durch Unterbindung fremder Hilfe zu. Eine Mindermeinung kritisiert dies mit dem Argument eines unauflöslichen Konflikts zu § 258 V StGB.28 Zumal die h.M. die generalpräventive Wirkung des Strafrechts betont, ist ihr zu folgen und an der dualen Zielrichtung des § 258 StGB festzuhalten.29

II. Das Delikt im Einzelnen

Nach dieser grundsätzlichen Positionsbestimmung werden nunmehr wieder die Merkmale und Besonderheiten des § 258 StGB einer näheren Betrachtung unterzogen.

1. Taugliche Vortat

Die Bestimmung der Vortat erfolgt im Ansatz wie bei § 257 StGB. Es muss insbesondere gem. § 11 I Nr. 5 StGB eine Straftat vorliegen.

Beispiel:30 Schutz eines Freundes, der einen leichten Auffahrunfall im Straßenverkehr verschuldet hat, indem ein Dritter als Verursacher angegeben wird. Da der Unfall nur als OWi erfasst wird, ist § 11 Nr. 5 StGB nicht erfüllt und damit eine Strafvereitelung nicht denkbar.

Über die auch für § 257 StGB geltenden Voraussetzungen hinaus erfordert das Schutzgut des § 258 StGB, dass keine Verfolgungshindernisse für die Tat bestehen und die Tat auch im Zeitpunkt der Verurteilung wegen Strafvereitelung noch mit Strafe bedroht ist. Ist dies nicht der Fall, besteht kein schutzwürdiger staatlicher Sanktionsanspruch, § 258 StGB scheidet dann aus.

2. Tathandlung und Taterfolg

Anders als bei der Begünstigung ist § 258 StGB ein Erfolgsdelikt und auch als solches zu prüfen. Hinsichtlich Tathandlung und Taterfolg ist dabei zwingend zwischen den Tatbeständen der Verfolgungsvereitelung gem. § 258 I StGB und der Vollstreckungsvereitelung gem. § 258 II StGB zu unterscheiden.

a) Verfolgungsvereitelung

Tathandlung der Verfolgungsvereitelung gem. § 258 I StGB ist die Vereitelung der Verhängung drohender Sanktionen. Der Erfolg der Vereitelung wird beschrieben als jede Besserstellung des Vortäters.31 I.R.d. § 258 I StGB besteht diese Besserstellung konkret darin, dass eine Sanktionsmaßnahme aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht oder nicht mehr verhängt werden kann. Die teilweise Vereitelung steht der gänzlichen Vereitelung gleich, wenn ein inhaltlich begrenzter Teil der Sanktion vereitelt wird. Dies ist etwa dann der Fall, wenn wegen der Vereitelung nur eine Bestrafung aus einem milderen Delikt in Frage kommt.32

Fraglich und umstritten ist, ob diese Vereitelung dauerhaft sein muss, oder eine temporäre Verzögerung der Strafverfolgung ausreicht. Eine Ansicht im Schrifttum lehnt dies mit dem Argument ab, dass § 258 StGB nicht den strafprozessualen Beschleunigungsgrundsatz schütze. Außerdem werde sonst der (strafbare) Versuch des § 258 StGB in eine Vollendung uminterpretiert.33 So zutreffend diese Argumente auch sind, ist doch nicht zu verkennen, dass der staatliche Sanktionsanspruch auch durch Verzögerungen verletzt werden kann.34 Dabei ist wegen der durchgreifenden Argumente aber ein restriktiver Maßstab anzulegen. Die von der Rechtsprechung überwiegend herangezogene Zeitspanne von zehn Tagen ist deshalb wohl zu kurz.35 In Anlehnung an § 229 StPO ist aber ein Zeitraum von drei Wochen angemessen.36 Für das Vereiteln reicht eine bloße Beeinträchtigung der Strafverfolgung (etwa erschlichene Vollzugserleichterung bei der Freiheitsstrafe) nicht aus.

Tathandlung des § 258 I StGB kann dabei jedes für die Vereitelung der Strafverfolgung ursächliche Tun oder Unterlassen sein. Ein Unterlassen ist aber nur dann relevant, wenn die durch Unterlassen verletzte Pflicht dem Schutz des staatlichen Strafanspruchs dient.

Beispiele: Verstecken des Täters; Fluchthilfe; Erwirken falscher Zeugenaussagen; Beiseiteschaffen von Beweismitteln.

Ein Sonderproblem der Verfolgungsvereitelung stellt sich bei sozialadäquaten Handlungen. In diesen Fällen ist nicht per se eine Vereitelung gegeben. Ausnahmsweise kann eine solche unter umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu bejahen sein.37

Beispiel: Gewährung von Unterkunft an einen mit Haftbefehl Gesuchten, der zuvor nicht zur Hauptverhandlung erschienen ist. Als sozialadäquates Verhalten ist dies nur eine Strafvereitelung, wenn der Betreffende aktiv versteckt wird.

b) Vollstreckungsvereitelung

Hinsichtlich des Vereitelungserfolgs kann mit der Modifikation auf die obigen Ausführungen verwiesen werden, dass es gerade auf die Vereitelung der Vollstreckung einer Sanktion ankommt. Zentrales Unterscheidungsmerkmal des § 258 II StGB von § 258 I StGB ist dabei die Wirkung der Vereitelung. Wirkt sie sich auf die Vollstreckung einer Sanktion aus, ist § 258 II StGB einschlägig, unabhängig davon, wann die Tathandlung vorgenommen wird.38

Beispiele: Vernichten von Vollstreckungsakten; Gefangenenbefreiung; Verbüßung einer Freiheitsstrafe für einen Anderen.

3. Besondere Voraussetzungen im subjektiven Tatbestand

Grundsätzlich reicht wie sonst bedingter Vorsatz aus. Nur hinsichtlich der Vereitelung fordert die ständige Rechtsprechung Absicht oder direkten Vorsatz,39 ohne dies aber schlüssig dogmatisch zu fundieren.40

4. Straflosigkeit der Strafvereitelung

Die Strafvereitelung sieht in § 258 V und VI StGB ein Täter- sowie ein Angehörigenprivileg vor. § 258 V StGB trägt der notstandsähnlichen Situation des Täters Rechnung, sofern er zumindest auch in der Absicht der Selbstbegünstigung handelt. Nicht anwendbar ist die Regelung bei zeitlicher Koinzidenz von Strafvereitelung und Vortat.41

§ 258 VI StGB nimmt auf die Angehörigendefinition des § 11 I Nr. 1 StGB Bezug, eine Erweiterung auf weitere Personen scheidet aus.

5. Strafvereitelung im Amt

Die Strafvereitelung im Amt gem. § 258a StGB enthält einen Qualifikationstatbestand zu § 258 StGB. Taugliche Täter sind nur Amtsträger i.S.d. § 11 I Nr. 2 StGB. Die Amtsträgereigenschaft hat verglichen mit dem „Jedermannsdelikt" des § 258 StGB somit strafschärfende Wirkung. Es handelt sich um ein unechtes Amtsdelikt.

hemmer-Methode: Achten Sie deshalb bei mehreren Beteiligten in diesem Kontext auf § 28 II StGB!

Taugliche Täter sind etwa Richter und Staatsanwälte, sofern sie bei der Verfolgung oder Vollstreckung von Straftaten mitwirken. Weil letzteres bei Anwälten fehlt, können diese nicht Täter des § 258a StGB sein. Zentrales Problem der Norm ist die Frage der Verwirklichung bei außerdienstlicher Kenntniserlangung.

Beispiel: Ein Staatsanwalt erlangt privat Kenntnis von einem Mord. Da er mit dem Täter befreundet ist, sieht er von einer Verfolgung ab.

Die Lösung dieses Falles konzentriert sich auf die Frage, ob der Staatsanwalt wegen seiner Pflichtenstellung „Garant" i.S.d. § 13 StGB für das Ausbleiben der Beeinträchtigung der Rechtspflege gem. § 258a StGB ist. Für die Lösung des Problems ist direkt auf die entsprechenden Lösungsansätze des Strafprozessrechts zu rekurrieren. Die h.M. nimmt dabei eine Abwägung zwischen dem Schutz der Privatsphäre des Amtsträgers und dem öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung vor, die jedenfalls bei Kapitaldelikten zu Gunsten von letzterem ausfällt. Andere Ansätze kritisieren die Unbestimmtheit dieses Ansatzes und verweisen auf die Wertung des § 138 StGB oder des § 100c II StPO.42

III. Typische Klausurprobleme des § 258 StGB

Überdies stellen sich bei § 258 StGB typische Klausurprobleme. Hierzu zählt die Zahlung fremder Geldstrafen als „Klassiker".

Beispiel: A wurde zu einer Geldstrafe von insgesamt 1000,- € verurteilt. Da A sich die Mittel hierfür mühsam erarbeiten müsste, bittet er seinen vermögenden Freund B, ihm das Geld zu überlassen. B schenkt A das Geld.

Lange Zeit ging ein Teil der Literatur davon aus, dass dies ein Fall der Vollstreckungsvereitelung sei. Dabei sei jedenfalls irrelevant, ob der Dritte direkt zahlt oder dem Bestraften die notwendigen Mittel überlässt. Diese Auffassung hat sich nicht durchgesetzt. Eine Vollstreckung darf nur dann stattfinden, wenn nicht gezahlt wird. Dies aber ist gerade der Fall. Die Verwirklichung des Strafübels ist -- für Geldstrafen -- nicht von § 258 StGB geschützt.43

Der zweite hier erwähnte Problemfall ist die Strafvereitelung gem. § 258 StGB durch einen Strafverteidiger. Zulässige Verteidigungshandlungen -- überspitzt formuliert stets eine Form der Strafvereitelung mit den Mitteln des Strafprozessrechts -- erfüllen den Tatbestand nicht. Die Grenzen zulässigen Verteidigerhandelns allerdings sind angesichts der fragmentarischen Regelung der Verteidigerrechte und seiner Doppelstellung als Organ der Rechtspflege und Interessenvertreter seines Mandanten44 nicht ohne Schwierigkeiten zu bestimmen. Meist führt hier nur eine Abwägung zum Ziel, die einerseits die Prozessrolle des Verteidigers einstellt und in Verhältnis mit der Beeinträchtigung der Rechtspflege setzt.45 Eine beachtenswerte Literaturauffassung macht den Strafbarkeitsbereich des Verteidigers dagegen an den Grundsätzen der strafrechtlichen Täterschaft fest.46

E) Hehlerei, § 259 StGB

Das dritte der hier betrachteten Anschlussdelikte ist die Hehlerei gem. § 259 StGB. Wieder ist Tateinheit zu § 257 StGB und zu § 258 StGB möglich. Wegen der vermögensbezogenen Zweckrichtung des Delikts ergeben sich bei der Hehlerei andere typische Konkurrenzverhältnisse. So verdrängt die Hehlerei die Unterschlagung im Wege der formellen Subsidiarität gem. § 246 I StGB a.E. Diebstahl und Hehlerei schließen sich zumindest beim Täter aus („Der Stehler ist niemals Hehler"). Allerdings kann hier die Frage einer echten Wahlfeststellung auftauchen, wenn nicht aufklärbar ist, ob § 242 StGB oder § 259 StGB einschlägig ist.47 Wegen des vergleichbaren Unrechtsgehalts ist eine Wahlfeststellung zwischen den Delikten tatsächlich möglich.

Anmerkung: Beachten Sie, dass der 2. Strafsenat des BGH in einem Verfahren die Verhandlung unterbrochen hat und bei den anderen Strafsenaten anfragt, ob sie sich seiner Rechtsansicht anschließen, wonach die sogenannte „ungleichartige Wahlfeststellung" gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gesetzmäßigkeit von Strafgesetzen (Art. 103 II GG) verstößt.48 Es bleibt abzuwarten, wie die anderen Strafsenate reagieren. Es ist gut möglich, dass der BGH diese Rechtsfigur -- ähnlich wie schon das Institut des Fortsetzungszusammenhangs -- aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht mehr länger vertritt. Halten Sie sich hier -- etwa über die Life & Law -- auf dem Laufenden.

Die Anstiftung zur Hehlerei durch den Vortäter ist als mitbestrafte Nachtat anzusehen und tritt somit hinter die Vortat zurück. Gleichzeitig durch die Hehlerei verwirklichte Vermögensdelikte stehen häufig in Tateinheit zur Hehlerei, da meist unterschiedliche Rechtsgutträger betroffen sind.

Beispiel: Durch den Absatz der Ware begeht T eine Hehlerei zu Lasten des bestohlenen Eigentümers und zugleich betrügt er O hinsichtlich der Eigentumsverschaffung. § 259 StGB und § 263 StGB betreffen unterschiedliche Rechtsgutträger, sodass sie gem. § 52 StGB idealkonkurrieren.

I. Geschütztes Rechtsgut und Auslegungsgrundsätze

Unbestritten ist das geschützte Rechtsgut des § 259 StGB -- anders als bei § 257 StGB und § 258 StGB -- das Vermögen.49 Die Angriffsrichtung der Hehlerei auf das Vermögen ist nach der überwiegend vertretenen Perpetuierungstheorie die Aufrechterhaltung der durch die Vortat geschaffenen rechtswidrigen Vermögenslage im Einverständnis mit dem Vortäter.50 Insofern pönalisiert § 259 StGB das Schaffen eines Tatanreizes für den Vortäter. Dieser wird je eher tatgeneigt sein, je leichter er seine Beute weiterverschieben kann.51

hemmer-Methode: Die Perpetuierung der rechtswidrigen Vermögenslage macht das Wesen der Hehlerei aus und ist der zentrale und unbedingt zu beherrschende Auslegungsgrundsatz für das Delikt. An ihm lässt sich die Lösung vieler Streitfragen in der Klausur argumentativ festmachen.

II. Das Delikt im Einzelnen

Nahezu jedes der Tatbestandsbestandsmerkmale des Hehlerei-Tatbestandes wirft Probleme auf, die im Folgenden am Wortlaut des § 259 StGB orientiert analysiert werden.

1. Taugliche Vortat

Taugliche Vortat der Hehlerei kann de lege lata nur ein Diebstahl oder eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat sein. Im Grunde ist wieder die Definition des § 11 I Nr. 5 StGB angesprochen. Insoweit ergeben sich keine Besonderheiten gegenüber § 257 StGB. Fraglich ist aber, was unter einer gegen fremdes Vermögen gerichteten Tat zu verstehen ist. Wortlautgemäß wäre zu vermuten, dass es sich hierbei nur um Eigentums- oder Vermögensdelikte im engeren Sinne handeln kann.52 Dies aber entspricht nicht der Schutzrichtung des § 259 StGB als Perpetuierungsdelikt. Hiernach können alle Taten taugliche Vortat sein, die eine rechtswidrige Vermögenslage schaffen und nicht ausschließlich anderen Schutzzwecken als dem Vermögensschutz dienen. Letzteres wird für §§ 331 ff. StGB bejaht. Insbesondere kann auch eine Hehlerei selbst Vortat sein. Dann ist die Rede von einer sog. „Kettenhehlerei".53

Problematisch ist des Weiteren, ob die Vortat abgeschlossen sein muss.

Beispiel: X hat einen goldenen Ring seiner Tante in Verwahrung genommen. Er hat absprachewidrig aber nicht vor, ihn zurückzugeben. Stattdessen möchte er ihn seiner Geliebten T schenken, die um die Rückgabepflicht des X weiß. Als X der T den Ring reichen möchte, zögert sie erst, greift dann aber zu.

Die teils vertretene Auffassung, das zeitliche Zusammenfallen von Vortat und Hehlerei reiche aus, um den Tatbestand zu erfüllen,54 überzeugt nicht. Der Wortlaut des § 259 StGB („erlangt hat") ist insoweit eindeutig. Außerdem ist bei Gleichzeitigkeit der Strafzweck des § 259 StGB nicht berührt, da es noch keine zu perpetuierende rechtswidrige Vermögenslage gibt.

Allerdings ist in solchen Fällen unbedingt genau zu analysieren, ob die Vortat nicht eine juristische Sekunde vor der Hehlerei beendet wurde.55 Das ist im Beispiel der Fall. X begeht eine veruntreuende Unterschlagung, die nach der herrschenden engen Manifestationstheorie bereits durch das Hinreichen des Rings beendet ist (§ 246 StGB pönalisiert insoweit Versuchsunrecht als Vollendung). Diese Unterschlagung ist taugliche Vortat für die nachfolgende Hehlerei der T.

2. Täterqualität

Auch die Täterqualität ist bei der Hehlerei nicht frei von Problemen. § 259 StGB knüpft an die Tat eines „anderen" an. Täterschaftlich an der Vortat Beteiligte sind niemals „andere" in diesem Sinne, denn die Tat ist ihre eigene.56 Weniger eindeutig ist die Rechtslage im Hinblick auf Teilnehmer, also Anstifter und Gehilfen der Vortat. Deren Täterqualität ist umstritten. Während diese nach einer Ansicht aus dem Tatbestand des § 259 StGB herausfallen, sind sie nach der Gegenansicht erfasst.57 Die besseren Argumente streiten für die herrschende zweite Ansicht. § 26 StGB selbst spricht von der Tat eines anderen, lässt den Tatbezug des Teilnehmers also nicht für eine Einstufung als eigene Tat genügen.58 Folglich können die Teilnehmer der Vortat eine Hehlerei begehen.

3. Tatobjekt

Tatobjekt der Hehlerei ist „eine Sache". Angelehnt an die Definition des § 90 BGB sind dies alle körperlichen Gegenstände.

Anmerkung: Der Anwendungsbereich des § 261 StGB ist an dieser Stelle weiter, als er sich auf Gegenstände, also auch solche unkörperlichen Rechtsobjekte -- etwa Forderungen -- bezieht.

Der Wortlaut „eine Sache" verhält sich indifferent zur wesentlichen Streitfrage betreffend das Tatobjekt der Hehlerei, dem Problem der Möglichkeit der sog. „Ersatzhehlerei".

Beispiel: X stiehlt einen Schuldschein und lässt sich die entsprechende Summe auszahlen. Den Erlös schenkt er dem T, dem er zuvor alles erzählt hat.

In diesem Fall liegt nach der überwiegenden Auffassung keine Hehlerei des T in Form des Sich-Verschaffens vor. Es fehlt an der zwingend erforderlichen Sachidentität des Tatobjekts.59 Auch dies überzeugt anhand des Telos des § 259 StGB. Wenn die Hehlerei an die Perpetuierung der rechtswidrigen Vermögenslage anknüpft, kann diese dann nicht mehr verfestigt werden, wenn der Bezug zum ursprünglichen Tatobjekt verloren geht. Die Konstruktion der Ersatzhehlerei ist damit abzulehnen. Genau zu untersuchen ist aber immer, ob die Erlangung des Ersatzes nicht selbst eine taugliche Vortat, etwa einen Betrug darstellt. Im Beispiel ist dies wegen § 935 II BGB nicht der Fall.

4. Tathandlungen

Bei der Prüfung der verschiedenen Tathandlungen ist insbesondere genaues Subsumieren gefragt. Gleichwohl ergeben sich auch hier spezifische Probleme. Das erste betrifft alle Varianten der Tathandlung. Zweck der Unterschlagung ist es, dem Vortäter Anreize für die Tatbegehung zu nehmen. Deshalb ist stets erforderlich, dass Vortäter und Hehler im Einvernehmen handeln. Aus demselben Grund ist es nicht denkbar, dass eine Hehlerei an eine fahrlässige Vortat anknüpft.60 Wegen dieser Anreizwirkung reicht entgegen einer Mindermeinung auch ein faktisches Einverständnis nicht aus. Wenn der vermeintliche Hehler die Sache also durch Erpressung oder Betrug vom Haupttäter erlangt, ist er nicht strafbar gem. § 259 StGB.61

Beispiel: Als X den von ihm räuberisch erbeuteten wertvollen Goldschmuck an T verkaufen möchte, erklärt dieser wahrheitswidrig, dass es sich um wertlose Duplikate handle. X schenkt ihm daraufhin den Schmuck. Die Strafbarkeit des T wegen Betrugs hängt davon ab, ob man den Schmuck bei X als Vermögensbestandteil ansieht. Unabhängig davon scheidet § 259 StGB durch X aus, da der Strafgrund der Hehlerei trotz der faktischen Willensübereinstimmung nicht eingreift.

a) Sich oder einem Dritten Verschaffen und Ankaufen

Die Alternative des „Sich-Verschaffens" meint die Erlangung selbstständiger, tatsächlicher Verfügungsgewalt im Einvernehmen mit dem bisherigen Inhaber der Sache. Entscheidendes Distinktionsmerkmal ist die Selbstständigkeit des Erwerbs. Erforderlich ist, dass der Täter eigentümerähnliche Verfügungsgewalt erlangt. Eine bloße Leihe etwa genügt nicht.62 Entsprechend ist die Alternative der Drittverschaffung auszulegen. Der Täter muss hier dem Dritten im Einvernehmen mit dem Vortäter selbstständig die Verfügungsgewalt an der Sache verschaffen. Er handelt folglich im Drittinteresse.63 Das Ankaufen ist ein explizit hervorgehobener Beispielsfall des Sich-Verschaffens mittels eines Kaufs.64

b) Absetzen und Absatzhilfe

Absetzen meint die Übertragung der Verfügungsmacht an einer Sache im Einvernehmen mit dem Vortäter und im Interesse des Vortäters an einen Dritten durch den selbstständig handelnden Täter. Demgegenüber erfasst der Tatbestand der Absatzhilfe sämtliche auf Absatz durch den Vortäter gerichtete unterstützende, also unselbstständige Tätigkeiten. Von der Variante der Verschaffung unterscheiden sich die Varianten des Absetzens dadurch, dass der Täter hier auf der Seite des Vortäters handelt und nicht sein Kontrahent am Markt ist.65

Anmerkung: Die Tathandlungen der Hehlerei verfolgen also zwei grundlegend verschiedene Zielrichtungen.

Die Absatzhilfe ist ein gesondert normierter Fall der Beihilfe, den der Gesetzgeber aufnehmen musste, weil mangels Strafbarkeit des Vortäters gem. § 259 StGB der Grundsatz der limitierten Teilnahmeakzessorietät ins Leere geht.66 Das Merkmal ist entsprechend als auf diese Konstellation zugeschnitten restriktiv auszulegen. Alle anderen Fälle sind gem. § 27 StGB zu erfassen.

Beispiel: D stiehlt ein Auto. Er gibt es weiter an T, der die Aufgabe hat, für D einen Käufer zu finden. T ist erfolgreich und lässt den Kauf von seinem „Schergen" S abwickeln, indem er das Auto zum Käufer bringt. S ist strafbar gem. §§ 259, 27 StGB wegen Beihilfe zur Hehlerei. Indem er nicht auf Seite des Vortäters, sondern auf der des Hehlers tätig wird, greift der Tatbestand der Absatzhilfe nicht ein.

Das Kernproblem der Tathandlungen des Absetzens und der Absatzhilfe ist die Notwendigkeit des Eintritts eines Taterfolges.

Beispiel: T versucht selbstständig, ein von D gestohlenes Auto zu veräußern. Als es zur Übergabe kommen soll, stellt sich heraus, dass der Kaufinteressent ein verdeckter Ermittler war. Alle Beteiligten werden festgenommen.

Im Grunde ist die Definition des Absetzens bei T erfüllt. Fraglich ist aber, ob zu den Definitionsmerkmalen ein Absatzerfolg hinzutreten muss. Dieser blieb im Beispielsfall aus. Die Rechtsprechung stand bisher auf dem Standpunkt, dass ein Absatzerfolg nicht erforderlich ist. Die Wortlautgrenze sei nicht erreicht. Außerdem -- so argumentierte die Rechtsprechung weiter -- wollte der Gesetzgeber nichts an der früheren Rechtslage ändern, wonach jede auf einen Absatz gerichtete Tätigkeit das Merkmal erfüllte.67 Dem ist mit der zutreffenden h.M. in der Literatur zu widersprechen. Keineswegs sei die Ansicht der (früheren) Rechtsprechung friktionslos mit dem Wortsinn des Absetzens zu vereinbaren. Absetzen impliziert schon per se den Eintritt eines entsprechenden Erfolges. Es handelt sich nicht um eine bloße Tätigkeitsbeschreibung. Zudem weist die Literatur überzeugend auf die Versuchsstrafbarkeit des § 259 III StGB hin. Eine Ansicht, die den Absatzerfolg für nicht erforderlich hält, lässt dem Versuch der Hehlerei keinen Raum. Wegen § 259 III StGB besteht auch kein kriminalpolitisches Bedürfnis für diese Ansicht.

Mit der Literatur ist im Beispielsfall also nur eine versuchte Hehlerei gegeben. Anhand dieses Falles öffnete sich auch die Rechtsprechung in Richtung dieser Ansicht: Sind Absatzbemühungen völlig aussichtslos, kommt auch nach dem BGH nur ein Versuch der Hehlerei in Frage.68

Anmerkung: Mittlerweile folgt auch die Rechtsprechung dem oben dargestellten Ansatz der h.L. Der 3. Strafsenat des BGH fragte bei den anderen Senaten an, ob die Rechtsprechung, dass kein Absatzerfolg erforderlich sei, nicht aufzugeben ist. Alle anderen Strafsenate stimmten dem zu.69

5. Überschießende Innentendenz

Schließlich ist neben dem Vorsatz des Täters, der die Vortat nur in ihren groben Umrissen erfassen muss, erforderlich, dass der Täter mit Bereicherungsabsicht handelt. Dabei werden sowohl Selbst-, als auch Drittbereicherungsabsicht erfasst. Der Täter muss mit zielgerichtetem Willen einen geldwerten Vorteil erstreben. Dieser kann auch Zwischenziel oder aber Teil eines Motivbündels sein.70

Problematisch ist, ob im Falle der Drittbereicherungsabsicht auch der Vortäter bereicherter Dritter sein kann. Die h.M. lehnt dies wegen des Wortlauts des § 259 StGB ab und nimmt stattdessen Begünstigung an.71 Angesichts des Strafgrundes der Hehlerei, der Perpetuierung einer rechtswidrigen Vermögenslage und der Anreizwirkung für den Täter ist dies aber keineswegs zwingend. Vielmehr ist die Anreizwirkung hier besonders groß. Auch steht der Wortlaut nicht zwingend entgegen, weil der Vortäter an der Hehlerei nicht beteiligt ist.72

6. Qualifikationen der §§ 260, 260a StGB

§ 260 StGB und § 260a StGB sehen Qualifikationen der Hehlerei vor, die an eine gewerbs- und/oder bandenmäßige Begehung anknüpfen. Die Merkmale weisen gegenüber etwa den Diebstahlsqualifikationen keine Besonderheiten auf.

hemmer-Methode: Sowohl die Gewerbsmäßigkeit als auch die bandenmäßige Begehung sind nach h.M. besondere persönliche Merkmale. Zu achten ist daher bei mehreren Beteiligten auf § 28 II StGB.

F) Fazit

Trotz der augenscheinlich fehlenden übergreifenden Dogmatik erweisen sich die Anschlussdelikte ausgehend von wenigen Auslegungstopoi als gut handhabbar. Die Angst vor dieser Deliktsgruppe ist unbegründet.


  1. Vgl. für 2009 bei Jahn/Reichart, JuS 2009, 309, 310.

  2. Vgl. Jäger, Strafrecht BT, Rn. 393.

  3. Vgl. Fischer, § 257 StGB, Rn. 15.

  4. Vgl. Fischer, § 257 StGB, Rn. 1.

  5. Vgl. Schönke/Schröder, § 257 StGB, Rn. 1.

  6. Vgl. Lackner/Kühl, § 257 StGB, Rn. 1.

  7. In diese Richtung Jahr/Reichart, JuS 2009, 309 f.

  8. So insb. die ältere Lit., etwa Bockelmann, NJW 1951, 620 f. Heute wieder Bosch, Jura 2012, 270 ff.

  9. Vgl. Fischer, § 257 StGB, Rn. 6.

  10. Vgl. Jahr/Reichart, JuS 2009, 309, 310; vgl. Fischer, § 257 StGB, Rn. 6.

  11. Vgl. Jahn/Reichart, JuS 2009, 309, 311.

  12. Vgl. BGHSt 4, 132, 133; allg. BGHSt 6, 248, 251.

  13. Krit. und § 257 StGB stets erst nach Beendigung zulassend Geppert, Jura 1994, 441, 443.

  14. So die Lösung von Jahn/Reichart, JuS 2009, 309, 311; ebenso Joecks, § 257 StGB, Rn. 8.

  15. Vgl. Joecks, § 257 StGB, Rn. 5.

  16. Vgl. Seelmann, JuS 1983, 32, 34.

  17. Vgl. SK-StGB, § 257 StGB, Rn. 18.

  18. Vgl. Joecks, § 257 StGB, Rn. 5.

  19. Vgl. Satzger/Schmitt/Widmaier, § 257 StGB, Rn. 14.

  20. Instruktives Beispiel betreffend § 266 StGB und § 370 AO bei Jahn/Reichart, JuS 2009, 309, 311 f.

  21. Zutreffend Joecks, § 257 StGB, Rn. 14.

  22. Vgl. Lackner/Kühl, § 257 StGB, Rn. 5.

  23. Beispiel nach Jahn/Reichart, JuS 2009, 309, 312 und angelehnt an BGHSt 4, 107, 107 ff.

  24. Vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 03.11.2011 -- 2 StR 302/11 = **Life & Law 2012, 880 ff.

  25. Vgl. Jahn/Reichart, JuS 2009, 309, 312.

  26. Vgl. Schönke/Schröder, § 257 StGB, Rn. 27.

  27. Vgl. Schönke/Schröder, § 258 StGB, Rn. 1.

  28. Vgl. Jahn/Palm, JuS 2009, 408, 408.

  29. Vgl. bei Schönke/Schröder, § 258 StGB, Rn. 1; zur h.M. zudem Lackner/Kühl, § 258 StGB, Rn. 1.

  30. Vgl. BayObLG, NJW 1981, 772.

  31. Vgl. Joecks, § 258 StGB, Rn. 11.

  32. Vgl. Jahn/Palm, JuS 2009, 408 f.

  33. So SK-StGB, § 258 StGB, Rn. 14.

  34. Vgl. Joecks, § 258 StGB, Rn. 13.

  35. Hierzu OLG Stuttgart, NJW 1976, 2084; erst recht ist der Ansicht nicht zu folgen, die jede geringfügige Verzögerung ausreichen lässt, so aber Rudolphi, JuS 1979, 859 ff.

  36. So mit anderer Begründung Jahn/Palm, JuS 2009, 408 f.

  37. Vgl. Jahn/Palm, JuS 2009, 408 f.

  38. Vgl. Jahn/Palm, JuS 2009, 408 f.

  39. BGHSt 38, 345, 348; 46, 53, 58; Fischer, § 258 StGB, Rn. 33.

  40. Jahn/Palm, JuS 2009, 408, 411, unterstellen eine „kaum verhüllte dezisionistische Komponente".

  41. Vgl. Jahn/Palm, JuS 2009, 408, 411.

  42. Hierzu Hemmer/Wüst, Strafprozessordnung, Rn. 34.

  43. Vgl. m.w.N. Jäger, Strafrecht BT, Rn. 574.

  44. So die h.M. vgl. Meyer-Goßner, vor § 137 StPO, Rn. 1.

  45. Vgl. dazu Joecks, § 258 StGB, Rn. 17 ff.

  46. Vgl. Jahn/Palm, JuS 2009, 408, 411 m.w.N.

  47. Instruktiv zum Umgang mit Sachverhaltsungewissheiten im Strafrecht vgl. Berberich/Schmidt, Life & Law 2009, 555 ff.

  48. Vgl. Beschluss vom 28.01.2014 -- 2 StR 495/12.

  49. Vgl. statt aller Fischer, § 259 StGB, Rn. 1.

  50. Vgl. BGHSt 7, 134, 137.

  51. Ebenso Joecks, § 259 StGB, Rn. 2.

  52. In diese Richtung tatsächlich Arzt, NStZ 1981, 10 ff.

  53. Zum Ganzen Jäger, Strafrecht BT, Rn. 401.

  54. Vgl. Rudolphi, JA 1981, 1, 7.

  55. Vgl. Schönke/Schröder, § 259 StGB, Rn. 14.

  56. LK-StGB, § 259 StGB, Rn. 90; weniger eindeutig ist die Rechtslage nach Verteilung der Beute. Dann soll eine Hehlerei der Täter möglich werden, vgl. hierzu Jäger, Strafrecht BT, Rn. 399 m.w.N.

  57. Zum Streit Jäger, Strafrecht BT, Rn. 399.

  58. Vgl. Jäger, Strafrecht BT, Rn. 399.

  59. Dazu Jahn/Palm, JuS 2009, 501 f., zur a.A. bei Geldtauschgeschäften Jäger, Strafrecht BT, Rn. 400.

  60. Vgl. Stree, JuS 1976, 137, 143.

  61. So die h.M. vgl. bei Jäger, Strafrecht BT, Rn. 405 mit Nachweisen; anders etwa Berz, Jura 1980, 57, 61 f.

  62. Zum Ganzen Jahn/Palm, JuS 2009, 501, 503.

  63. Vgl. Jahn/Palm, JuS 2009, 501, 503.

  64. Vglk. Fischer, § 259 StGB, Rn. 10.

  65. Vgl. Jahn/Palm, JuS 2009, 501, 503.

  66. Vgl. Jäger, Strafrecht BT, Rn. 406.

  67. Vgl. für diese Ansicht etwa BGHSt 27, 45, 48.

  68. Vgl. BGHSt 43, 110, 110 ff.

  69. Ausführlich hierzu vgl. BGH, Anfragebeschluss vom 14.05.2014 -- 3 StR 69/13 = Life & Law 2014, 24 ff.

  70. Vgl. Jahn/Palm, JuS 2009, 501, 504.

  71. Vgl. Fischer, § 259 StGB, Rn. 27 m.w.N.

  72. Vgl. Jäger, Strafrecht BT, Rn. 412.